Die Energiewelt verändert sich. Rasant: erneuerbare Energien, Digitalisierung und Speicherung gelten als wichtige Treiber des Wandels, wie Gerhard Gamperl, VERBUND-Corporate Development-Bereichsleiter im Interview skizziert. Österreich gilt als Vorreiter bei der Nutzung von „grüner Energie“. Bereits heute wird Strom in der Alpenrepublik zu drei Vierteln aus erneuerbaren Energieträgern - Wind, Wasser, Sonne - gewonnen. Damit ist die Alpenrepublik Spitzenreiter in Europa. Beim österreichischen Energiekonzern VERBUND stammt sogar mehr als 96 % des Stroms aus erneuerbaren Energien, der Rest kommt derzeit noch aus hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung. Der Anteil für Haushaltskunden liegt zu 100 % aus eigenen zertifizierten Wasserkraftwerken. Die Ausrichtung ist klar: es geht um den Wandel des derzeit global überwiegend fossilen Energiesystems und umfassende Maßnahmen zum Klimaschutz. Was braucht es für eine „saubere Energiewende“? Und wie kann es gelingen, Energieerzeugung verantwortungsvoll für Mensch und Umwelt zu gestalten? Ein Gespräch mit dem Energieexperten und VERBUND-Corporate Development-Bereichsleiter Gerhard Gamperl. Lieber Herr Gamperl, welche wichtigen Trends und Entwicklungen sehen Sie am Strommarkt? Ein Megatrend ist mit Sicherheit die zunehmende Elektrifizierung aller Lebensbereiche. Dies umfasst den privaten Bereich ebenso, wie Transport und Verkehr, Handel, Gewerbe und Industrie. Dieser zunehmende Bedarf an Elektrifizierung muss durch erneuerbare Energie erfolgen. Nur dann ist es möglich eine glaubwürdige, nachhaltige Erhöhung des erneuerbaren Stromanteils am Gesamtenergieverbrauch zu gewährleisten. „Österreichs Energie“, die Dachorganisation der E-Wirtschaft, sieht vor, dass der Stromanteil am österreichischen Gesamtenergieverbrauch bis 2030 von derzeit 20 Prozent auf 33 Prozent anwachsen soll. Das betrifft auch den Umstieg von Verbrennungsmotoren hin zu Elektrofahrzeugen. Ebenso eine Umstellung zu mehr Strom bei der Wärmegewinnung. Voraussetzung dafür ist, dass die erneuerbaren Energiequellen aus Wasser, Wind und Sonne weiter ausgebaut und das Stromsystem flexibler gestaltet werden. Das hat natürlich eine regionale Dimension. Sprich, bei jenen Gebieten und Gemeinden, wo es einen starken, politischen Willen für den Ausbau der erneuerbaren Energien gibt, können Maßnahmen schneller umgesetzt werden. Und es braucht auch den Dialog mit den Menschen, die man bei der Energiewende mitnehmen muss... Richtig. Wir müssen dabei umfassend in den Dialog mit den Menschen treten. Das heißt: die Errichtung von Wasserkraftwerken oder Windkraftparks muss sozial und umweltverträglich passieren. Wir investieren bis 2025 einen dreistelligen Millionen-beitrag in „Fischwanderhilfen“ in Österreich und in Bayern, um den Fischen einen gesunden Lebensraum zu erhalten und eine weiträumige Durchgängigkeit zu ermöglichen. Unser Ziel lautet: wir wollen die Energieerzeugung verantwortungsvoll in die Natur und zu den Menschen bringen. Dabei setzen wir auf Dialog und Kommunikation. Von mancher Seite heißt es, wir bräuchten gar keine neuen Kraftwerke, sondern nur mehr Energieeffizienz und -einsparung? Das alleine wird den zunehmenden Energiebedarf nicht abdecken können. Was wir brauchen, ist vor allem: verbesserte Erzeugungstechnologien und intelligente Speicherung. Wir - als Energiewirtschaft - wollen dafür Lösungen anbieten. Effiziente Lösungen, die mehr Komfort und effizienteren Energieverbrauch garantieren. Und dabei auch bei uns selbst anfangen: VERBUND möchte bis 2020 in der Erzeugung weitgehend CO2-frei sein. Seit ein paar Jahren konzentrieren wir uns auf Deutschland und Österreich. Hier setzen wir in erster Linie auf Wasserkraftwerke, ergänzt um Windkraftwerke. In Gebäuden und bei der Mobilität liegt der globale Hauptenergieverbrauch am höchsten. Welche Impulse kann die Energiewirtschaft hier setzen? Die Wirkungsgrade bei der Energieerzeugung sind deutlich gestiegen. Vor allem bei der Industrie ist in Sachen Energieeffizienz in den vergangenen Jahren viel geschehen. Weniger geschehen ist dagegen beim Verkehr. Hier braucht es die erneuerbar erzeugte Elektrifizierung der Mobilität. Ebenso wichtig sind Effizienzmaßnahmen bei Raumwärme, Wasser, Kälte – da bräuchte es gewaltige Investitionen und entsprechende Rahmenbedingungen der öffentlichen Hand. Es geht um Anreize, den persönlichen „CO2-Fußabdruck“ zu senken. Stichwort: Digitalisierung. Werden vielleicht bald viele Kunden gemeinsam Strom produzieren, über PV- und Windkraft-Anlagen? Die Digitalisierung findet statt. Das ist ein weiterer Megatrend und für uns ein Werkzeug, um unseren Kunden neue Lösungen und Dienstleistungen anbieten zu können. Die Digitalisierung wird einen starken Mehrwert schaffen. Gerade bei der starken Schwankung bei der Erzeugung von erneuerbarer Energien, können smarte Technologien einen guten Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage generieren. Dies lässt sich digital mit unseren Partnern steuern und natürlich haben wir auch Speichermöglichkeiten mit unseren Pumpspeicherkraftwerken. In welchen Technologien sehen sie in Zukunft das größte Entwicklungspotenzial? Als gänzlich neue „Architektur des Internets“ erweist sich die sogenannte „Blockchain“: in dieser „Blockkette“, eine Art „digitales Register“, sind (Energie-)Lieferant und Verbraucher direkt miteinander verknüpft und können sichere Mikro-Transaktionen abwickeln. Das führt bei den österreichischen Stromversorgern zu mehr Transparenz, zu erhöhter Kosteneffizienz und ist real-time abwickelbar. Hier gehören wir sicherlich zu den Pionieren. Auch das Thema „Speicher-Cloud“ gewinnt an Bedeutung... Apropos Speicherung: nicht nur Energiegewinnung, sondern auch Speicherträger sind von großer Bedeutung. Wo liegen hier die Schwerpunkte? Ein innovativer Lösungsansatz sind die angesprochenen Speicher-Clouds: dabei transferiere ich die gewonnene Energie - aus PV-Anlage oder Windkraft - in einen virtuellen Speicher. Untertags gewinne ich Energie und gebe sie in den Speicher, Abends verbrauche ich Energie mit Geschirrspüler, Waschmaschine usw. aus der Cloud heraus. Auch hier hilft mir die Blockchain. Man kann sagen: Strom lässt sich zwar physikalisch nicht in einer Konserve verpacken und später verbrauchen, wenn ich ihn gerade benötige. Die „Cloud“-Lösung verspricht hier aber eine neue Dimension der Speichermöglichkeiten… Vielen Dank für das Gespräch! Web-Tipp: www.verbund.com Fotos: Smatrics, Verbund Interview: Helmut Wolf
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