Eine Umarmung, ein Handschlag, sanftes Streicheln... Körperkontakt sorgt für Gesundheit, Ruhe und Wohlbefinden. Zwischen Smartphone und Singlehaushalt kommt Hautkontakt jedoch oft zu kurz. Experten plädieren für eine „Renaissance der Berührung“... „Berührungen haben für Lebewesen einen Stellenwert wie die Luft zum Atmen“, betont Martin Grunwald, Wissenschaftler an der Universität Leipzig. „Das will unsere Kultur oft nicht wahrhaben“. Grunwald erforscht, wie taktile Reize auf Menschen wirken. Und auch ohne Glauben an „Chi-Energie“ und esoterische Heilmethoden zeigen die Studien, dass Zärtlichkeiten und Berührungen nicht nur für mehr Wohlbefinden sorgen, sondern auch wichtig sind für unsere Gesundheit. „Kuscheldefizit“. Zwischen Smartphone, sozialen Medien und Singlehaushalt kommt der Hautkontakt immer mehr abhanden. Uwe Hartmann, Professor für Sexualmedizin in Hannover, diagnostiziert gar eine „chronische Berührungsarmut“. Das „Kuscheldefizit“ in unserer Gesellschaft führt bei vielen Menschen nicht nur zum Gefühl von Einsamkeit, Entfremdung und Hilflosigkeit. Auch dürfte diese Entwicklung für eine Reihe von körperlichen und psychischen Probleme mitverantwortlich sein. Für die psychische und körperliche Gesundheit braucht der Mensch Berührung scheinbar fast ebenso, wie er Nahrung benötigt. Liebevolle Berührungen führen zu einer direkten Entspannung beim Berührten. Ebenso zur Ausschüttung von Oxytocin: dieses Hormon baut Stresshormone ab und lässt Gefühle wie Liebe, Vertrauen und Ruhe entstehen. Das Gehirn interpretiert solche Berührungen als Zeichen der Verbundenheit und Erleichterung von Sorgen und Problemen. Regelmäßige Umarmungen können sogar das Immunsystem stärken. Im Zusammenleben entfalten Berührungen eine starke soziale Wirkung. Psychologische Experimente zeigen, dass sich Teilnehmer strategischer Spiele kooperativer verhalten, wenn sie einander berühren. Studenten und Schüler trauen sich eher an die Tafel, wenn der Lehrer sie ermunternd am Arm angefasst hat. In der Alten- und Krankenpflege ist körperliche Nähe heute fixer Bestandteil von Therapie- und Versorgungskonzepten. Auch die zunehmende Nachfrage nach Massagetechniken und fernöstlichen Heilmethoden dokumentiert das urmenschliche Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Die Sehnsucht nach Berührungen ist jedenfalls groß. Umfragen im deutschsprachigen Raum zeigen, dass eine Umarmung viele Menschen noch glücklicher macht als das Zusammensein mit Freunden und Familie. Jede zweite Frau und jeder dritte Mann sehnt sich nach mehr Kuscheln als nach Sex mit dem Partner. Im Alltag berühren sich Paare jedoch immer seltener, je länger sie zusammenleben. Untersuchungen zeigen, dass viele Paare sich nur noch alle paar Tage - wenn überhaupt - berühren. Eine zärtliche Umarmung, eine ermunternde Hand auf der Schulter... Berührungen können oft mehr bewirken als viele gut gemeinte Worte. Berührung als nonverbale Sprache und heilsame Botschaft, die wir viel öfter einsetzen sollten... Fotos: www.onceuponawildflower.tumblr.com (Titel), www.tableystreet.tumblr.com Quellen: Die Zeit und One World Verlag Text: Helmut Wolf
1 Comment
8/1/2016 14:59:27
"Berühr mich!" ist auch der Titel meines 30minütigen Fernsehfeatures, das im März 2016 erstmals im rbb ausgestrahlt wurde und inzwischen mehrmals wiederholt auch in der ARD-Mediathek ansehbar ist: http://www.ardmediathek.de/tv/Himmel-und-Erde/Ber%C3%BChr-mich/rbb-Fernsehen/Video?bcastId=3907830&documentId=34067534
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