Jede Woche über 40 Stunden im Büro? Schon am Montag dem Wochenende entgegenfiebern? Ein erfülltes, sinnvolles Leben sieht anders aus, meint Autor Tobi Rosswog. Mit seinem Buch „After Work“ skizziert er Ideen für eine Gesellschaft jenseits der Arbeit... „Wir können die Welt verändern!“, sagt Tobi Rosswog. Die Veränderung unserer Umwelt hat ja längst angefangen. Ob wir die Welt nun aktiv mitgestalten oder nicht, sei jetzt unsere Entscheidung, so der deutsche Dozent und Aktivist. Seit rund 10 Jahren beschäftigt sich Rosswog mit dem Wandel innerhalb unserer Gesellschaft und möglichen, neuen Lebenskonzepten. Die Frage, die er sich dabei immer wieder gestellt hat: Wie kann es gelingen eine Gesellschaft zu entwickeln, die von positiver Energie und einem sozialen Miteinander getragen wird? Einem Gegenentwurf zu unserer jetzigen, durch-ökonomisierten Welt, die von spalterischen, negativen Strömungen und zum Teil ausbeuterischen (Arbeits-)Bedingungen bestimmt wird. Soll der Wandel, so Rosswog, „by design oder by desaster“ von Statten gehen? Selbstbestimmtes Leben, Sinnvolles tun. Warum verrichten so viele Menschen Tag für Tag Tätigkeiten, die mit ihren eigenen Leben wenig bis nichts zu tun haben?, fragt sich Rosswog. Um am Ende des Tages mit dem dabei verdienten Geld endlich „ihr“ Leben leben zu können? In seinem Anfang Oktober 2018 erscheinenden Buch „After Work. Radikale Ideen für eine Gesellschaft jenseits der Arbeit“, analysiert Rosswog die Schwächen des vorherrschenden Konzepts der (Lohn-)Arbeit und versucht neue Alternativen aufzuzeigen. Dabei driftet er nicht in einen Ton der Weltuntergangsszenarien oder hebt den moralischen Zeigefinger, sondern zeigt auf einen Aspekt hin: Es kann auch anders gehen, ohne dabei untätig zu sein. „Auf Lohnarbeit zu verzichten, heißt nicht, sich auf die faule Haut zu legen. Es bedeutet vielmehr ein selbstbestimmtes, verantwortungsvolles Leben zu führen - und Sinnvolles zu tun“, sagt Rosswog. Arbeit - Eigentum - Geldlogik verändern... „Es geht um nichts Geringeres als einen Paradigmenwechsel“, sagt Tobi Rosswog (Foto links). Und er zeigt sich überzeugt davon: Starr vorgegebenen Denkmuster, wie „Arbeit“, „Eigentum“ und „Geldlogik“, lassen sich Schritt für Schritt verändern. „Wir können diese eingefahrenen Muster neu denken und anders leben“, ist Rosswog überzeugt. Als Aktivist, freier Dozent und Initiator durchlebt er den Wandel sprichwörtlich selbst: Er initiierte unter anderem die Bewegung „living utopia“, das „BildungsKollektiv imago“ und das „Kollektiv für gelebte Utopie“. Stets geht es ihm bei diesen Initiativen darum, die entwickelten Ideen praktisch erfahrbar zu machen Sein Ziel: Der Perspektivenwechsel und „eine Gesellschaft, die sich jenseits von Arbeit, Eigentum und Geld definiert.“ Seit zehn Jahren ist er in diesem Sinne aktiv, hält rund 100 Vorträge im Jahr. Nun hat er auch ein Buch darüber geschrieben. Bruttoinlandsprodukt = Glück? Laut einer Studie der Oxford-Universität von 2013, wird fast die Hälfte der Beschäftigten in den USA in den nächsten zwanzig Jahren durch Computer und Algorithmen ersetzt werden können. Die Medien fragen sich nun: Was machen Millionen Taxi- und Lkw-Fahrer rund um die Welt, wenn autonomes Fahren zum Standard wird? Was wird aus Postboten, wenn die Auslieferung mithilfe autonomer Autos, Roboter oder Drohnen funktioniert? „Als Reaktion auf diese Entwicklungen sucht die Politik händeringend nach neuen Arbeitsfeldern. Doch: Wozu eigentlich?“, fragt sich Rosswog. „Die Tatsache, dass in den Ländern des globalen Nordens ein steigendes Bruttoinlandsprodukt nicht zu einer Steigerung des Glücks führt, ist längst zur akzeptierten Binsenweisheit geworden.“ Wirtschaftswachstum als absolutes, alleiniges Ziel? Dieses viel zitierte Mantra steht schon länger in der Kritik. Die Vorstellung eines „guten Lebens“ - statt eines „superproduktiven Lebens“ - rückt zunehmend in den Vordergrund. „Nur an das „Konstrukt Arbeit“ trauen wir uns immer noch nicht ran“, meint Tobi Rosswog. Auf den viel diskutierten Vorschlag eines „bedingungslosen Grundeinkommens“, als Reaktion auf die steigende Verdrängung des Menschen aus der industriellen Produktion, werde oft eingewendet, dass Menschen ohne Arbeit ihr Selbstwertgefühl verlieren würden. „Wieso aber braucht es Arbeit für das Selbstwertgefühl, wenn es Arbeit doch gar nicht braucht?“, fragt sich der Aktivist und Initiator. „Täglich quälen wir uns nach dem Wecker-Klingeln aus dem Bett...“ Arbeit sei (zumeist) sinnlos, entfremdet, ausbeuterisch, krankmachend, zerstörerisch - und hierarchisch, diagnostiziert der freie Dozent Rosswog. Ihr zugrunde liege das System der ökonomischen „Tauschlogik“. Einer Logik, die auf dem Prinzip von „Leistung und Gegenleistung“ beruht. Was wiederrum zu: Selbstverwertung, Leistungszwang und am Ende zu Optimierungswahn führt. Rosswog: „Wir arbeiten nicht aus innerer Motivation heraus, sondern aus fremdbestimmten Motiven. Unser Fokus: Geld. Jenem Geld, mit dem wir unsere Grundbedürfnisse nach einem Dach über dem Kopf, einen gefüllten Bauch, Anerkennung und einigem mehr erfüllen.“ Aber, so Rosswog: „Vielen macht das keine Freude. Und trotzdem quälen wir uns täglich nach dem Klingeln des Weckers aus dem Bett...“. „Wirklich das zu tun, was uns und andere weiterbringt“. „Es gibt eine Alternative zur Lohnarbeit!“, glaubt Rosswog. Eine Tätigkeit, die er nicht als „Arbeit“, sondern als „Tätigkeit aus innerer Motivation“ heraus bezeichnet. Ein Akt der Selbstbestimmung, der sinnhaften Verantwortungsübernahme, „um wirklich das zu tun, was uns und andere weiterbringt. Und das in verschiedenster Form seinen Ausdruck findet“, wie er es umschreibt. Am Anfang stehe die zentrale Frage: Was brauche ich wirklich? „Wer Zufriedenheit und ein soziales Miteinander über Geld und Konsum stellt, sei genau am richtigen Weg, so Rosswog. In seinem Werk beschreibt er, welche Alternativen es zur materiellen Existenzsicherung gibt, und wie sich das „Arbeitsleben“ anders organisieren lässt: Etwa durch Jobsharing, Arbeiten im Kollektiv ohne Chef, oder das viel diskutierte Grundeinkommen... Jede Veränderung braucht Zeit. Auch der Wandel unserer Arbeits- und Lebenswelt wird ihre Zeit brauchen. Mit „After Work“ möchte Rosswog schon heute aufzeigen, wie wir im Einzelnen - und gemeinsam mit anderen - Verantwortung übernehmen und uns vom klassischen „Konstrukt Arbeit“ befreien können. Denn, so Rosswog: Auf Lohnarbeit zu verzichten, heißt nicht, sich auf die faule Haut zu legen. Es bedeutet vielmehr, ein selbstbestimmtes Leben zu führen - und Sinnvolles zu tun. Übrigens: Das Geld, das Tobi Rosswog mit seinem Buch verdienen wird, geht an das „Kollektiv für gelebte Utopie“. Es soll dafür eingesetzt werden, Grundstücke und Immobilien aufzukaufen, um Räume zu gewinnen, damit Menschen die Möglichkeit haben, ihre Kreativität auszuleben - und den Wandel mitzugestalten. „Arbeitest du noch oder lebst du schon?“, fragt Tobi Rosswog mit ironischen Unterton. Sein Engagement und Buch versteht er jedenfalls als Einladung, den eigenen Alltag zu verändern und einmal „außerhalb der Box und Komfortzone“ zu denken. Mitmachen lohnt sich... Buch-Tipp: „AFTER WORK. Radikale Ideen für eine Gesellschaft jenseits der Arbeit“ Von: Tobi Rosswog Umfang: 144 Seiten Erscheint ab 01. Oktober bei: Oekom Verlag Web-Tipps: http://gelebteutopie.de http://livingutopia.org Fotos: Manoel Eisenbach (Porträtfoto), Picnic-Kongens-Have, Chloe Thurlow, Davide Bonazzi, Be better do more, Digital Nomads, Visionary Pioneers Text: Helmut Wolf
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