Schreien befreit. „Lass es raus“, so der Aufruf des Island-Tourismus. Dort erschallen an sieben einsamen Orten aufgenommene Schreie von Menschen, die via Boxen in die Landschaft übertragen werden. „Looks like you need Icland“ so das Motto - und das trotz Reisebeschränkung… Stille Fjorde, einsame Berge, endlose Weiten… Island verfügt über eine beeindruckende Landschaft. Schon in vielen mythischen Sagen wurde die Insel durch die Elemente Feuer und Eis, sprich durch Gletscher und Vulkane aufgebaut und geformt. Das arktische Klima bietet zwar nur wenigen, widerstandsfähigen Tieren und Pflanzen ein Lebensumfeld, dafür findet man hier ein besonderes Artenspektrum: Vom Polarfuchs, dem „Islandpferd“ und Papageitaucher, bis hin zu Blau- und Buckelwal und diversen Delfinarten in den isländischen Gewässern. An den warmen Quellen und Bächen („Geysiren“) stößt man häufig auf eine üppige Vegetation. Aufgrund des warmen Golfstroms ist das Klima in Island milder als in anderen Regionen dieser Breitengrade. Das durch Erdwärme aufgeheizte Wasser nutzt man für Gewächshäuser. Sogar Bananenstauden wachsen hier knapp unterhalb des Polarkreises. Ebenso werden Schnittblumen und selbst Weinreben gezüchtet. Die Landschaft ist durch Vulkanismus und Wasserreichtum geprägt. Und es gibt zahlreiche, zum Teil aktive Vulkane, sowie Flüsse, Seen und Wasserfälle. „Sie haben die letzten Monate viel durchgemacht. Und es sieht so aus, als ob Sie einen Platz brauchen, um sich von all den Irritationen und Frustrationen zu befreien“, lautet die Botschaft des isländischen Fremdenverkehrsbüros. Als „befreiende Therapie“ wird das Schreien empfohlen. Dabei bezieht man sich auf ein therapeutisches Werkzeug aus den 1970er-Jahren, wo der Schrei die emotionale Ausgeglichenheit fördern sollte. Aber auch, um Frustration und Aggression in Einklang zu bringen. In Island findet sich jedenfalls genügend Platz, um den lauten, befreienden Schrei auszuüben… Island gilt als eines der am dünnsten besiedelten Länder der Welt. Rund 357.000 Einwohner leben auf der Insel. Nur etwa 3,5 Einwohner pro Km². Entsprechend viel Freiraum und Ruhe finden Bewohner und Besucher in der Natur. Das isländische Hochland im Zentrum der Insel beispielsweise, eine sogenannte „Periglazial-Wüste“ mit viel Eis und Gletscher, ist nahezu unbewohnt. Ein ideales Umfeld, so die Idee der lokalen Tourismusbehörde, um sich von all den Lastern und schlechten Nachrichten dieser Welt zu „befreien“ – und in sein Handy zu brüllen ;-)
An einem weitläufigen Fjord, an einer Steilküste in Nordisland, in der Nähe eines Wasserfalls im Süden der Insel, und anderen Orten: Sieben gelbe Lautsprecherboxen wurden so platziert, dass sie die Schreie der Menschen kurz „erklingen“ lassen, dann aber wieder von der Stille, dem Wind oder Meeresrauschen „geschluckt“ werden. Auf der Website sind nicht nur die Schreie von Menschen aus der ganzen Welt zu hören, sondern auch die Klangbilder vor Ort – Vögel, Wind und Wetter. In Echtzeit… „Sie werden Sie sich besser fühlen…ganz sicher“. Island, der perfekte Ort, um sich von Frustrationen zu befreien? In jedem Fall hat es einen Reiz, seine „laute Stimme“ zwischen Fjorde, Geysire und Gletscher zu übertragen. „Let it out“, fordern die isländischen Betreiber. Und sie versprechen: „Sie werden Sie sich besser fühlen… ganz sicher“. Wir nehmen die Isländer beim Wort… Web-Tipp: https://lookslikeyouneediceland.com Fotos: Inspired by Iceland Text: Helmut Wolf
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Die entspannten Klangwelten passen sich der „individuellen Energiekurve des Nutzers“ an. https://endel.io Titelfoto: 7 Minds Recherche & Text: Helmut Wolf Die Corona-Pandemie als Chance für einen Neustart zu einer „partnerschaftlichen Wirtschaft“? Einer Ökonomie, die auf „Fürsorge von Mensch und Umwelt“ basiert? „Caring Economy“ nennt US-Wissenschaftlerin Riane Eisler jene Wirtschaftsform, deren Ziel „ein gutes Leben für alle“ ist. Ein Modell der Hoffnung... „Irritation ist die Mutter der Innovation“. So hat es der Unternehmer und ehemalige Politiker Matthias Strolz vor kurzem umschrieben. Die Corona-Krise - sie ist mit Sicherheit die größte Irritation seit dem 2. Weltkrieg. Gleichzeitig ist sie aber auch eine große Chance, um einen Reset, sprich „Neustart“ der (Welt-)Wirtschaft einzuleiten. Kein Unternehmen kann einfach durchtauchen, um weiterzumachen wie bisher: Vom Energiesektor bis zur Mobilität, von der Bauwirtschaft bis zum Lebensmittel- und Bekleidungshandel - sämtliche Branchen, Konzerne und Unternehmen müssen sich ein Stück neu erfinden, um zukunftsfähig zu bleiben. Möglicherweise muss die Wirtschaft generell neu erdacht werden... 115 Millionen Menschen durch Covid-19 bald in extremer Armut? So hoch könnte die Anzahl jener Menschen ansteigen, die laut Weltbank durch die aktuellen Entwicklungen ihr Hab und Gut verlieren. Auf der anderen Seite wächst das Vermögen der reichen und superreichen Eliten weiter an. Chema Vera von der globalen NGO Oxfam umschreibt es am Beispiel Lateinamerikas: „Während alle anderen in Quarantäne sind, zu überleben versuchen und Angst haben, sich anzustecken, haben die Milliardäre Lateinamerikas ihr Vermögen um insgesamt 413 Millionen Dollar „jeden Tag“ seit Beginn der Pandemie gesteigert“. Das Coronavirus zeigt nicht nur die Schwächen globaler Wirtschaftsmechanismen auf, sondern das überbordende Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich… „Wir können die Spielregeln ändern“, davon ist US-Wissenschaftlerin Riane Eisler überzeugt. Die Pandemie könnte ein Anlass zum Neubeginn von Wirtschaft und bisheriger normativer Regeln sein. Eisler ist weltweit anerkannte Keynote-Speakerin auf Konferenzen und als Beraterin von internationalen Unternehmen und Behörden tätig – von der Generalversammlung der UN, dem amerikanischen Außenministerium und US-Kongress, bis hin zum Deutschen Bundestag, in Kolumbien oder der Tschechischen Republik. Seit Jahrzehnten fordert die US-Soziologin Eisler einen wirtschaftlichen Wandel - und sieht nunmehr den richtigen Zeitpunkt gekommen... ![]() „Die Pandemie zwingt uns unser „altes Normal“ zu hinterfragen“, schreibt Eisler in Ihrem Buch „Die verkannten Grundlagen der Ökonomie“. Der Zusammenbruch der globalen Wirtschaft habe weltweit die Strukturfehler unseres derzeitigen Systems sichtbar gemacht. „Diese Wirtschaft ist weder nachhaltig, noch gerecht. Zudem herrsche eine realitätsferne Politik, werden realitätsuntaugliche Regeln, Anreize und Praktiken angelegt“, sagt die Politikberaterin und Autorin. Probleme lassen sich nicht mit der gleichen Denkweise lösen, mit der sie geschaffen wurden, ist sie überzeugt. „Caring Economy“. So nennt Eisler jene nachhaltige Form eines zukünftigen Wirtschaftssystems, dass den Wert von Umweltschutz ebenso mitberücksichtigt, wie jene „Werte“ aus Fürsorge und Pflege für Familie und Gesellschaft: „Wirtschaftlich berücksichtigt“ werden dabei soziale Leistungen privater Haushalte - und das von frühester Kindheit an, so Kernthese der „Care-Arbeit“: also unbezahlte „Arbeit“, zumeist von Frauen ausgeführt, die sich um Familienfürsorge wie, Putzen, Waschen, Kindererziehung, Pflege usw. dreht. Diese Leistungen müssen, so die Anwältin, als eigener Wirtschaftszweig betrachtet und in Kennzahlen bewertet werden. Aber auch die Wertschöpfung aus Kommunen und Naturquellen, sollten in dieser neuen Form des Bruttoinlandsprodukts (BIP) mit einbezogen werden. Eine Wirtschaft, die auf Partnerschaft und Fürsorge basiert? Eislers „Center for Partnership Studies“ hat bereits die Kennzahl eines „Sozialen Wohlstandsindex" entwickelt. Dieser Index macht – anders als das (BIP) – die Rentabilität von Investitionen in Fürsorge für Mensch und Umwelt sichtbar. Die logische Schlussfolgerung: Erst durch den achtsamen Umgang mit wertvollem Human- und Naturkapital, kann „wahrer“ Wohlstand erzeugt werden. Ein Wandel der Wirtschaft könne deshalb nur gelingen, so Eislers Überlegung, wenn neu definiert werde, was als „wirtschaftlich produktiv“ gelte... Machen Menschen nur dann etwas, wenn sie einen persönlichen Vorteil darin sehen? Riane Eisler ist überzeugt davon, dass das bisherige, „dominanzgeprägte“ Wirtschaftsmodell, wie es in den USA und anderen westlichen Nationen praktiziert wird, an seine Grenzen stößt. Das zeige gerade auch die Coronavirus-Pandemie. Schon heute führen allzu hierarchische Strukturen zu Konflikten: Das Spektrum reicht von enormen, sozialen Spannungen durch immer größer werdende Unterschiede zwischen arm und reich, bis hin zu steigenden Rassismus und demokratiegefährdenden Weltverschwörungstheorien. Alles Zeichen, so Eisler, eines fehlerhaft geleiteten Wirtschaftssystems, das auf Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen basiert. ![]() Der dominanzgeprägten Wirtschaftlichkeit, stellt Eisler eine neue Ökonomie der Partnerschaftlichkeit gegenüber: Einer „Caring Economy des Partnerismus“, die all jene Aspekte miteinbezieht, die einen direkten Einfluss auf unser Leben und auf die Zukunft unserer Kinder und unseres Planeten haben. Die Natur des Menschen sei nach wie vor prädestiniert für ein "Partnerschaftssystem", dies zeigen neurologische Experimente Studien, so die Wissenschaftlerin. Wirtschaftsstrategien und Wiederaufbauhilfen mit Klimaschutzmaßnahmen zu verbinden, seien deshalb wichtige Schritte im Kampf gegen die weltweite Zerstörung natürlicher Lebenserhaltungssysteme. Schweden und Finnland seien positive Beispiele eines partnerschaftlich geprägten Wirtschaftssystems: Es gibt flache Hierarchien, Reichtum ist gerechter verteilt und eine bessere Gleichstellung der Geschlechter. Die Menschen in Skandinavien sind generell zufriedener und auch die Wirtschaft ist erfolgreich. Als „partnerschaftliche Basiskonzepte“ erwähnt Eisler beispielsweise die „Elternteilzeit“ oder allgemeine Krankenversicherungen. Diese Form der Care-Economy zeige zudem auf, wie Wirtschaft und Gesellschaft sich gegenseitig beeinflussen. Übrigens: Finnland gilt bereits zum 3. Mal hintereinander laut "UN-World Happiness Report" als Land mit dem weltweit höchsten Wert an Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden der Bevölkerung (s. Foto "Happy Guides Finland"). „Wirtschaft wird von Menschen geschaffen und von den Werten und Ansichten innerhalb der Gesellschaft bestimmt, zu der die jeweilige Wirtschaft gehört“, betont Riane Eisler. Deshalb sei es wichtig, aktuelle gesellschaftliche Bedürfnisse und Anforderungen in die Wirtschaftsabläufe zu integrieren und laufend zu adaptieren. Neue Technologien, wie Robotik, Bio- und Nanotechnologien, können laut Eisler durchaus hilfreich sein, um eine partnerschaftlich geprägte Ökonomie umzusetzen. „Jetzt die beste Gelegenheit sich von „unserem dominanzgeprägten Erbe zu befreien“, ist Eisler ist überzeugt: Es seit Zeit einen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen Umbruch einzuleiten, „von dem wir alle profitieren könnten“. Gerade die Pandemie sei eine Chance die Wirtschaft neu, besser und gesünder zu denken. Wir sollten diese Chance nützen... ![]() Buch-Tipp: „Die verkannten Grundlagen der Ökonomie: Wege zu einer Caring Economy“ Von: Riane Eisler Umfang: 240 Seiten Erschienen bei: Büchner-Verlag Fotos: Buzz Andersen, Kim Heamosoo, Mauro Mora, Anna Shvets, Tom Ezzatkhah, Simon Forest, Brook Cagle / Unsplash; Karoline Grabowska / Pexels Quellen: orf.at, Büchner-Verlag Text: Helmut Wolf Familie und Beruf. Frauen unter Mehrfachbelastung... Wie verändern sich derzeit Rollenbilder? Und: wo liegen die Chancen? Wir haben mit Sabine Hackl, Ricky Losmann-Hartl und Sigrid Koloo von „ONtime“, einem Start-up mit Schwerpunkt „Veränderungsvorhaben, digitale Vernetzung, Coaching und Nachhaltigkeit“ gesprochen... In eurem Programm schreibt ihr, dass Frauen in der Coronakrise stärker benachteiligt waren. Wodurch macht sich das bemerkbar? Sabine Hackl: Dafür gibt es viele Indizien und Berichte. Wir haben es auch im unmittelbaren Freundeskreis erlebt, dass Frauen – neben ihrem Job – auch das Home-Schooling verstärkt übernommen haben. Diese Mehrfachbelastung hat viele an ihre Grenzen gebracht. Die Scheidungsraten steigen. Schlussendlich arbeiten viele Frauen in systemrelevanten Berufen, auch hier ist die Belastung enorm. Ricky Losmann-Hartl: …stärker benachteiligt im Kontext Familie! Es waren schon vor den Covid-19-Maßnahmen drei Viertel der Familien sehr traditionell geprägt. Das heißt: Es gibt einen Vater, der Vollzeit arbeitet und eine Mutter in beruflicher Teilzeit, die die Familienangelegenheiten managet. Eine Forschungsaufgabe der WU hat aufgezeigt, dass bei gleichem, zeitlichen Erwerbsaufwand Mütter mehr als doppelt so häufig viel mehr Zeit mit Kinderbetreuung verbringen als Väter – das lässt unter Experten die Schlussfolgerung zu, dass Mütter ihre Arbeitszeit stärker an Familienbedürfnisse anpassen (müssen). Außerhalb der Familie konnten Frauen während des Lockdowns durchaus in Videokonferenzen punkten – durch die stärkere Netiquette und die Notwendigkeit einer stärkeren Moderation während der Meetings, kamen Frauen oft deutlicher zu Wort und fanden vermehrt Gehör. ![]() Sigrid Koloo (Foto): In Krisen zeigt sich die „Flucht“ in altbekannte, eher konservative Rollenbilder. Dass es auch anders geht, konnte ich in den letzten Monaten erleben: Beide Elternteile haben von zu Hause ausgearbeitet, sich Familienzeit, Arbeitszeit, Haushalt und „Me-Time“ aufgeteilt. Da wir beide unternehmerisch tätig sind, können wir uns die Zeit auch selbst einteilen. So war es mir möglich, mit Kleinkind durchgehend von zu Hause aus gut zu arbeiten, ein neues Unternehmen zu gründen und aufzubauen, so ganz neben meinen bestehenden Projekten. Dafür bin ich sehr dankbar. Glaubt ihr, dass sich durch solche Krisen wie in den letzten Monaten wieder verstärkt alte konservative Rollenbilder einschleichen? Sabine Hackl: Teilweise ja – der Manager des Haushalts und der Familie ist halt oft noch die Frau. Andererseits gab es erst vor kurzem Beiträge in Medien, dass besonders in jenen Staaten, die Frauen an der Regierungsspitze haben, die Situation rund um die Covid-Pandemie „besser“ gehandhabt wird. Ähnliche Feststellungen und auch Studien gab es nach der Finanzkrise vor rund 10 Jahren: Frauen scheinen offensichtlich gute Krisenmanagerinnen zu sein. Ricky Losmann-Hartl: Krise bedeutet oft auch auf Strategien zurückzugreifen, die sich schon einmal bewährt haben und für Sicherheit sorgen – dieser Vorgang läuft unterbewusst ab. Ich wage zu behaupten, dass wir auch vor der Pandemie bereits konservative Rollenbilder im Kopf hatten – es gibt nur vielmehr Menschen, die aus diesen Rollenklischees herausgewachsen sind und dennoch mit den Zuschreibungen zu kämpfen haben. Aber dass wir jetzt darüber sprechen können, ist vielleicht der momentanen Situation zu verdanken ;) Sigrid Koloo: Bei all den Herausforderungen und persönlichen Schicksalsschlägen, die Corona gebracht hat, sehe ich dennoch auch die Chance, Rollenbilder und Klischees zu hinterfragen, zu überlegen: Was ist denn ein „Normalzustand“, sich selbst und die eigene Haltung zu beobachten und zu überlegen, wie wir unsere Zukunft sowie jene der Kinder und Enkelkinder mitgestalten wollen und können. Um Rollenbilder aufzubrechen und eine freie individuelle Wahl treffen zu können, müssen Gegebenheiten und Möglichkeiten für Frauen sowie für Männer fair und ausgeglichen sein. Wo liegen hier noch die größten Hindernisse, die dies verhindern? Sabine Hackl: Zum Teil ist es noch immer eine gesamtgesellschaftliche Haltung. Wir sind die Bilder von männlichen Führungspersonen in Wirtschaft und Politik gewöhnt. Frauen sollten sich stärker zusammenschließen, um gemeinsam und solidarisch solche Hindernisse zu überwinden. Es ist notwendig, weibliche Erfolgsgeschichten stärker hervorzuheben, bis es nichts Besonderes mehr, sondern Teil unseres Alltags ist. Aber auch das männliche Rollenbild hat Recht auf Veränderung. Mittlerweile gibt es Beratung und Schulungen für Männer in Bereichen, die meist noch immer als Frauen-Domänen gelten – wie Karenz oder Kindererziehung. Das wichtigste ist - Rollenbilder immer zu hinterfragen, in Kontext zu bringen und nicht in Stein zu meißeln. Und schlussendlich: den gegenseitigen Respekt und Wertschätzung für diverse Rollenbilder zu wahren! ![]() Ricky Losmann-Hartl (Foto): Dadurch, dass Rollenbilder tiefenkulturellen Ursprüngen folgen und nicht bewusst kreiert, sondern aus gesellschaftlichen Normen und Strukturen entsprungen sind, liegt eines der größten Hindernisse daran, die geprägten Bilder loszulassen und Veränderung bzw. Erweiterung dieser Rollenbilder zuzulassen. Und zwar in den Köpfen von jedem von uns. Das kann Unsicherheit hervorrufen - und deswegen tun wir es vielleicht nicht. Menschen, die es schaffen, sich diesen langeingesessenen Rollenbildern zu widersetzen, haben einen großen Mut bewiesen. Solche Menschen brauchen wir, damit sich etwas verändern kann: Menschen, die über ihre Motive sprechen, über Möglichkeiten, über Chancen, die empathisch mit den Befürchtungen, die „Anders-Agieren“ verursachen kann, umgehen und Menschen, die offen sind zuzuhören, einen neuen Blickwinkel zu entdecken, die neugierig genug sind, auch einmal eine andere Perspektive einzunehmen. Sigrid Koloo: Ich bin überzeugt, dass 50:50 möglich ist. Ich versuche es zu leben und habe auch die Möglichkeiten dafür selbst geschaffen. Dafür sind meiner Meinung nach viel mehr Inspirationen notwendig, mutmachende Vorbilder an vorderster Front und die Bereitschaft ein „anders“ und „neu“ zuzulassen und sich zu trauen, „Normalität“ neugierig zu verlassen. Gleichzeitig braucht es auch jene, die einen Teil ihrer Privilegien im Sinne des Gemeinwohls bereitstellen, auch zur Seite treten, „Macht“ abgeben und sich auf Veränderung einzulassen. ![]() Angenommen Frauen würden gleich viel verdienen wie Männer und würden im gleichen Maße berufliche Spitzenpositionen besetzen. Wäre die Situation dann anders? Würde sich dadurch wirklich etwas am familiären Rollenbild der Frau innerhalb der Familie ändern? Sabine Hackl (Foto): Ja, junge Frauen hätten dann Vorbilder in Spitzenpositionen, denen sie nachstreben können. Die Frauen wären finanziell unabhängiger. Wer soll in Karenz gehen – selten der Mann, weil er schlichtweg besser verdient. Der Mann sollte auch das Recht (und auch die Pflicht) haben, Vater sein zu dürfen und nicht nur zu versorgen. Und zum Thema Bezahlung: gleicher Verdienst für gleiche Leistung! Das sollte im Grunde gar nichts mit dem Geschlecht zu tun haben! Ricky Losmann-Hartl: Das ist doch ein schöner Gedanke, oder? Was würden wir über berufliche Rollen gelernt haben, wenn Frauen und Männer das gleiche verdienten? Was für ein Gefühl wäre das, wenn geschlechtsunabhängig die Person die Spitzenposition bekäme, die am besten dafür geeignet ist? Wenn das so wäre, vielleicht müssten wir dann gar nicht mehr über das Bild der Frau innerhalb der Familie diskutieren und könnten uns der Frage widmen wie die Elternrolle innerhalb der Familie gesehen werden kann? Sigrid Koloo: Was wäre wenn … ein schönes Gedankenspiel… ich würde es sehr gerne ausprobieren und erleben in einer gleichberechtigten Welt zu leben. Vielen Dank für das interessante Gespräch! ![]() „Mensch.Macht.Rollenbild“ DIE ZUKUNFT DER GESELLSCHAFT Am 25. September 2020 findet die erste „ONtime-Konferenz“ zum Thema „Mensch.Macht.Rollenbild“ in Wien statt. Ein Event, das den Anfang eines Prozesses einläutet, der Menschen aus Unternehmen, Wissenschaft und Beratung an einen virtuellen Tisch bringt, um alteingesessene Strukturen aufzubrechen und Zukunft aktiv zu gestaltet. Mit Keynotes, Paneldiskussion, Workshops und anschließenden interaktiven Netzwerken sollen Fragen wie „Wo stehen wir - und wo soll die Reise hingehen?“ beantwortet werden. In weiteren Events sollen spezielle Themen im Bereich Rollenbilder im beruflichen Kontext erarbeitet werden, um nachhaltige Strategien zu entwickeln, wie Veränderung erfolgreich gelingen kann. Web-Tipp: https://beontime.at/mensch-macht-rollenbild Fotos: Pexels (Titel), Unsplash, Johann Bävman Interview: Sarah Langoth |