Mobile Wohnformen? Moderne Nomaden? Vom komfortablen Container-Haus bis zum „autonomen Zelt“ - immer mehr Menschen wählen flexible, ortsunabhängige Unterkünfte. Warum? Bericht und Reportage! Mit einem Haus durch Stadt und Land bewegen? Was sich nach Science Fiction-Film anhört, ist in Dänemark seit einigen Jahren Realität geworden. Mit dem sogenannten „Walking House“ hat das dänische Architekten-Team „N55“ ein mobiles Wohnbausystem für bis zu vier Personen entwickelt, das „ein friedliches, nomadisches Leben ermöglicht“, so die N55-Betreiber ohne Ironie. „Es bewegt sich langsam auf sechs Beinen“ durch die Stadt und das Land. Mit minimaler Auswirkung auf die Umwelt: ausgestattet mit Solarzellen und kleinen Windrändern zur Stromerzeugung, einem Regenwasser-Sammelsystem und einem mit Solarenergie geheizten Warmwassersystem. Wohnen, Privatsphäre und Mobilität neu gedacht. 60 Meter pro Stunde legt das „wandelnde Haus“ (Foto links) in Dänemark zurück. Sechs Beine mit Linearantrieb dienen zur Bewegung des Walking House. Das Tragwerk ist aus Stahl, Aluminium oder Holz gefertigt und kann mit den gleichen Materialien oder Textilgewebe gedeckt werden. Es gibt eine Komposttoilette und auch ein kleines Gewächshaus kann angefügt werden, um einen Teil der Nahrung selbst anzubauen. Kostenpunkt: rd. 50.000 Euro. Wohnen, Privatsphäre und Mobilität ganz neu gedacht: so zeigt sich nicht nur das innovative Walking House, sondern auch viele andere Wohnkonzepte auf der ganzen Welt. Ob Häuser aus 24 Schichten Pappkarton in Holland, „Tree Tents“ aus Aluminium und Grüneschenholz in England oder holzverkleidete, gemütlich gestaltete Container in Neuseeland: Das Spektrum mobiler Wohnformen wächst immer mehr heran und weist vor allem auf einen grundlegenden Aspekt hin: Flexibilität im Leben und beim Wohnen ist nicht nur eine Frage von Funktionalität, Material oder Technik, sondern sie ist eine Frage der Vorstellungskraft. Und hier gibt es bekanntlich (fast) keine Grenzen. Der überaus inspirierende Bildband „Nomadic Homes“ (Taschen Verlag), verfasst vom Kunsthistoriker Philip Jodidio, zeigt mit vielen praktischen Beispielen auf, wie weit „Mobiles Wohnen“ heute und morgen gehen kann. Sind wir nicht alle Nomaden? Eine Frage, die Architektur-Experte Philip Jodido (Foto links) nicht nur im Zusammenhang mit den weltweiten Flüchtlingsströmen stellt, sondern generell im Kontext mit der anwachsenden Individualisierung unserer Gesellschaft. „Mobile Wohnungen unterschiedlicher Art haben einen sehr persönlichen Aspekt“, meint Jodido, der an der „Harvard University“ in den USA Kunstgeschichte und Wirtschaft studiert hat. „Häufig sind sie Teil eines bewussten Versuchs, sich den herrschenden sozialen Verhaltensmustern zu entziehen – sich sozusagen in die Wildnis zu schlagen“, so Jodido im Einleitungstext zum Buch „Nomadic Homes“. Das „Mobile Home“ ist in jedem Fall ein modernes Spiegelbild unserer Lebensrealität geworden... Nachhaltige „Minimalwohnungen“. Immer mehr Menschen sind durch Folgen der Globalisierung oder des Klimawandels gezwungen, ihre heimatliche Verankerung aufzulösen. Auf der Suche nach neuen Wohnformen, werden bisherige traditionelle Konzepte hinterfragt oder neu definiert. Oft aus wirtschaftlicher Not oder bewusster Reduzierung materieller Güter, gewinnen hier vor allem flexible, wie auch nachhaltige „Minimalwohnungen“ an Bedeutung. „Für die reichsten wie die ärmsten Bewohner unseres Planeten, ist nomadisches Wohnen eher die Regel als die Ausnahme“, sagt Kunsthistoriker Jodidio. Und da leistbarer Wohnraum immer schwerer zu bekommen ist, „bieten vorfabrizierte Konzepte auch jenen Menschen die Möglichkeit Wohnraum zu erwerben, die sich den Bau eines frei stehenden Hauses nicht leisten können“, so Jodidio. Die Moderne hat zu zu Bescheidenheit geführt. Der technische Fortschritt spielt den mobilen Wohn-Nomaden jedenfalls in die Hände. Denn dank Solarpaneelen, Niedrigenergiebeleuchtung oder mobiler Kommunikation bis in den hintersten Winkel, ist die Fixierung auf einen festen Lebensraum/-ort heute nicht mehr zwingend notwendig. „Die Moderne hat zu zu einer gewissen Bescheidenheit gegenüber der Nachwelt und zur Langlebigkeit geführt", ist sich Philip Jodidol zudem sicher. Es ist die Reise, die zählt... „Was könnte es Aktuelleres geben, als vor allem beweglich zu sein - vielleicht auch zu wachsen“, blickt Jodidio durchaus positiv auf die Entwicklung des nomadischen Wohnens. Und zitiert den chinesischen Philosophen Laozi: „Ein guter Reisender hat keine festen Pläne und nicht die Absicht irgendwo anzukommen“. Es ist die Reise, die zählt... Buch-Tipp: „Nomadic Homes – Architektur in Bewegung“ Autor: Philip Jodido Umfang: Hardcover / 344 Seiten (24,2 x 31,7 cm) Erschienen bei: Taschen Verlag Fotos: Yvonne White, Taschen Text: Helmut Wolf
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