Bären, Wölfe, Wisente, Luchse...Wildnis mitten in Europa? Im Herzen Rumäniens kauft die „Foundation Conservation Carpathia“ tausende Hektar Land auf, um es zu schützen. Ein Leuchtturmprojekt, das die die lokale Bevölkerung miteinbindet und den nachhaltigen Tourismus forciert... Eine Reportage! „Ein so riesiges Gebiet, ohne Straßen und Siedlungen, in dem noch immer Wolf, Bär und Luchs leben, das ist in Europa ziemlich einzigartig“, ist der deutsche Forstwissenschaftler Christoph Promberger begeistert. Die unberührten (Ur-)Wälder und Bergwiesen, die wilden Flüsse und Schluchten im weitläufigen Făgăraș-Gebirge, zählen zu den schönsten Naturgebieten der Welt. Vor etwa 35 Jahren kam Promberger in das Făgăraș Gebirge, um die Wölfe vor Ort zu studieren. Dort lernte auch seine heutige Frau Barbara kennen. Sie beide liebten die Region so sehr, dass sie blieben… Das auch als „Siebenbürgischen Alpen“ bezeichnete Făgăraș-Gebirge, umfasst eine Fläche von rund 2.800 Quadratkilometern. Darunter befinden sich die höchsten Gipfel Rumäniens, wie den Moldoveanu (2.544 m) und den Negoiu (2.535 m - Foto links). Es beherbergt auch über 95 Gletscherseen, darunter den Bâlea- und Podragu-See. Das Gebirge ist Heimat großer Raubtiere, wie Braunbären, Wölfe und Luchse, sowie seltener Pflanzenarten und einer artenreichen „Fledermausfauna“. Sogar der Wisent wurde hier nach 200 Jahren wieder ausgewildert… Rumänien verfügt über 6 Millionen Hektar Wald. Ein erheblicher Teil davon ist pure Wildnis. Es gibt große, unfragmentierte Berggebiete, ohne Siedlungen. Berge von atemberaubender Schönheit, umgeben von natürlichen Wäldern. Viele, gänzlich unregulierte, Flüsse und deren dynamische Strömungen prägen immer noch die Täler. In dieser natürlichen Umgebung sind Bären, Wölfe und Luchse immer noch häufig zu sehen. Über 3.700 Pflanzenarten, viele in der Region endemisch, zeugen von einer gesunde Landschaftsstruktur. ![]() Naturschutz durch Kauf von Land! „Wir waren schockiert, dass kein Mensch etwas unternommen hat“, sagte Christoph Promberger (Foto links), über den massiven Kahlschlag in den Karpaten der frühen 2000er-Jahre. Die einzige Lösung, um sie vor der Abholzung zu schützen, war, so die Vision der Prombergers: die Wälder aufzukaufen. Als Vorbild diente ihnen ein Naturschutzprojekt in Patagonien, wo „The North Face“-Gründer Douglas Tompkins in den 1990er-Jahren riesige Gebiete in Chile und Argentinien erwarb, um Nationalparks zu schaffen. Inspirationsquelle war aber auch der legendäre Yellowstone-Nationalpark in den USA. Die Geburtsstunde der „Foundation Conservation Carpathia“ (FCC) war das Jahr 2009. Mit an Bord der FCC der Schweizer Milliardär und Philanthrop Hansjörg Wyss, der bei einer Hubschraubervermessung über dem Făgăraș-Gebirge den Entschluss gefasst hatte, das Geld für die ersten tausend Hektar zur Verfügung zu stellen. Christoph und Barbara Promberger-Fürpaß fungieren bis heute als Geschäftsführer der Stiftung. Und was als Vision eines „Rewilding-Projekts“ angelegt wurde, hat sich zu einem der ambitioniertesten Naturschutz-projekte Europas entwickelt. Seit der Gründung wurden über 27.500 Hektar Wald und Bergwiesen für Renaturierungsmaßnahmen umgewidmet. Die Wiederaufforstung von Kahlschlagflächen umfasst etwa 4,5 Millionen gepflanzte Setzlinge. Etwa 8.000 Hektar wurden als „Non-Intervention-Zonen“ ausgewiesen, darunter unberührte Urwälder. Tourismus und Ökologie! Die Stiftung hat eine Vielzahl positiver Impulse gesetzt: So wurden neue Arbeitsplätze geschaffen, unter anderem bei der Aufforstung und ökologischen Landwirtschaft. Ein Ökotourismusprogramm wurde ausgearbeitet - mit Schwerpunkt Wildtiere, Wälder und Naturschutz. Die eigens gegründete Reiseorganisation „Travel Carpathia“ fördert nachhaltigen Tourismus. Auch ein Modell für ein „konfliktarmes Miteinander von Mensch und Wildtier“ wurde entwickelt, wo Elektrozäune und Herdenschutzhunde bereitgestellt werden. Und selbst sozialpolitisch werden Akzente gesetzt: so gibt es Programme zur Unterstützung lokaler Gemeinden, einschließlich Hilfe für arme Familien und Unterstützung bei der Flächennutzungsplanung. „Amerika und Afrika haben Nationalparks, die jeder kennt. Der Yellowstone-Park beispielsweise ist ein Symbol, eine Ikone“, sagt Christoph Promberger. „In Europa sticht kein Nationalpark so richtig hervor.“ In den Karpaten sieht Promberger das Potenzial für ein großes Wildnisgebiet, in dem die Natur das Sagen hat: „In zwei, drei Jahren ist das nicht zu schaffen, aber vielleicht in 20 Jahren…“. ![]() Das Ziel? Einen Nationalpark zu schaffen, der das gesamte Făgăraş-Gebirge umfasst - etwa 70–84 Kilometer in Ost-West-Richtung, und bis zu 40 Kilometer breit. Rund 75%, so der Plan, wären für die Wiederansiedelung von Wildtieren vorgesehen. Das verbleibende Viertel der Fläche wäre für Tourismus und Unternehmen „mit geringen Auswirkungen“ ausgelegt: mit Tierbeobachtungsstationen, Landwirtschaft, nachhaltige Holzgewinnung usw. „Mit diesem einzigartigen Naturerbe könnte Rumänien zu einem europäischen, ja zum globalen Marktführer im Bereich der Erhaltung biologischer Vielfalt und des Öko-Tourismus werden“, gibt sich Forstwissenschaftler Promberger ambitioniert. Es wäre Promberger zu wünschen, dass dies gelingt - und viele Nachahmer-Projekte findet. Denn das Motto der Zukunft lautet: „Europa muss wilder werden“! Web-Tipps: www.carpathia.org https://travelcarpathia.com/de Fotos: Foundation Conservation Carpathia (FCC) Quellen: National Geographic, Wandermagazin Text: Helmut Wolf
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