Strahlend-weiß gekalkte Häuser, minimalistische Formen, enge, verwinkelte Gassen, die Schatten spenden und vor Wind und Wetter schützen: „Kykladische Architektur“ besticht nicht nur durch ihre gestalterische Ästhetik, sondern vor allem durch ihre vielen nachhaltigen Aspekte. Postkarten-Motive und Lichtspiele. Wer kennt sie nicht, die „Postkarten-Motive“ der griechischen Kykladen-Inseln Santorin, Mykonos, Naxos oder Paros: weißgetünchte Häuser, Kirchen, Kapellen und Windmühlen. Die Fenster und Türen zumeist in Blau oder Rot gestrichen, stets „umrahmt“ vom tiefen Blau des südägäischen Meeres. Beeindruckende Kontraste, die für changierende Licht- und Schattenspiele sorgen... Entschleunigung und Reduktion. Das ruhige Leben hat sich vor allem auf den kleineren Inseln der Gruppe der Kykladen bis heute erhalten können. Der „entschleunigende Mix“ aus vielfältigen Stränden, glasklaren Meereswasser und ursprünglichem Landleben, zieht vor allem viele Individualisten, Künstler und „Aussteiger“ an, die sich nach einem einfachen, natürlichen Lebensstil sehnen. Jene Reduktion auf das Wesentliche, die sich auch in der Architektur wieder spiegelt. Die puristische Formensprache der Gebäude auf den Inseln der Kykladen, hat viele funktionelle Vorteile: so ist die Ausrichtung der Häuser stets nach Südosten gebaut. Die Wände sind aus Wärme- und Dämmschutzgründen 60 bis 80 Zentimeter dick, die Fenster aus gleichen Gründen klein. Fenster sind - trotz enger Bebauung - stets auf beiden Seiten angebracht, um bei „Meltemi“-Winden ein Lüften und Abkühlen zu ermöglichen. Die weiße Kalkfarbe wiederrum weist die Wärme ab. Die Flachdächer der Häuser dienten in der Vergangenheit als Zisternen. Die Kykladen verfügen zwar über wenig Holz, dafür aber über viel Kalkgestein, wie Marmor oder vulkanischen Ursprungs, wie Gneis oder Granit. Die Böden der Räume waren anfangs aus Stampflehm, später wurden Steinplatten der Vorzug gegeben. Der minimalistische Baustil der kykladischen Architektur zeigt sich auch in der geometrischen Grundlage der Häuser: So gibt es generell einen rechtwinkligen Grundriss von 3m x 4m, die Deckenhöhe beträgt 2,5m - 3m je Geschoss. Auch das Innere der Häuser ist sehr schlicht gestaltet: ein Wohnraum, ein, zwei Schlafräume, Küche, Bad/Toilette – und der traditionelle Kamin „Panostria“. Die Architektur der Kykladen, mitsamt deren eng aneinander gebauten weiß-blauen Häusern und Kirchen, gilt als typisch für die gesamte Inselwelt Griechenlands. Dennoch kommt sie ausschließlich in dieser Inselregion vor. Der minimalistische, „kubische“ Baustil gilt auch als Vorbildcharakter für die modern-funktionalistische Bauweise des 20. Jahrhunderts. So hat sich der österreichische Architekt Adolf Loos ebenso von der „ornamentlosen Architektur“ der Kykladen-Inseln beeinflussen lassen, wie der legendäre, französische Stadtplaner Le Corbusier. Weiße Farbe hält kühl. Schon seit Jahrtausenden ist die weiß gekalkte Farbe der Häuser auf den Kykladen-Inseln wichtiger Bestandteil der Baukultur. Sie dient aber nicht nur dem gestalterischen Minimalismus, sondern vor allem der Nachhaltigkeit: schließlich reflektiert das Weiß auf Gebäuden und Dächern das Sonnenlicht und hält im Inneren stets angenehm Kühl. Der ehemalige US-Energieminister und Nobelpreisträger Steven Chu spricht der Architektur der Kykladen angesichts der globalen Erwärmung „Vorbildfunktion“ zu. Kleinfahrzeuge durch enge Gassen. Ohne explizit einer ökologischen Ideologie zu folgen, begann man bereits früh den motorisierten Verkehr von den kleineren, oft gebirgigen Inseln auszuschließen, folglich auch wenige Straßen für Autos anzulegen. Motorisierte Fahrzeuge beschränken sich noch heute auf vielen kleinen Inseln auf kommunale (Klein-)Fahrzeuge. Diese müssen mit viel Maßarbeit durch die engen Gässchen der eng aneinander gereihten Häuser fahren. Auf Inseln, wo Autos mitgenommen werden dürfen, ist die Fähre entsprechend teuer, mitunter deren Benutzung stark reglementiert. Weiße Farbe reduziert Energieverbrauch. Die Farbe Weiß beinhaltet ein hohes Einsparpotenzial der Umwelt- und Energiekosten bei Gebäuden. Dies belegt eine Studie aus den USA: würde man demnach 1.000 Quadratmeter Dächer mit Weiß bemalen, könnten jährlich 10 Tonnen CO2-Emissionen und etwa 20 Prozent Klimaanlagen eingespart werden. In den USA wäre das eine Ersparnis von 1 Milliarde Dollar pro Jahr, wenn man bedenkt, dass 90 Prozent der US-Dächer schwarz sind. „Coole Dächer“ sind Weiß. Wie sooft sind nachhaltige Ideen und Konzepte ganz einfach umzusetzen. Das Dach eines Hauses Weiß zu bemalen, ist beispielsweise nicht viel Aufwand – und bringt große, energetische Vorteile für Mensch und Umwelt. Fazit: Mehr „coole Dächer in Weiß“ braucht die Welt... Web-Tipps: www.parosweb.com www.lonelyplanet.com Quellen & Fotos: Wikipedia, Thanasias, „Summerhouse in Paros"; Pexels / Frank J Text: Helmut Wolf
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