Einfach und gut Leben. Ohne Strom, Heizung und Wasser. Geht das? Es geht - und sei „der richtige Weg“, sagt Oliver Junker-Matthes. Mit Frau und drei Kindern lebt er auf einem Hof bei Bad Berleburg in Deutschland. Reportage! „Das hat eine Qualität, das glaubt man gar nicht“, sagt Oliver Junker-Matthes mit dem Brustton der Überzeugung. „Die Reduzierung auf das Wesentliche ist super. Es muss es nicht immer mehr, mehr und mehr sein...“ Man glaubt es dem sympathisch-bärtigen Familienvater. Schließlich lebt er den „Traum vom einfachen Leben“. Mit seiner Frau und seinen drei Kindern ist vor einigen Jahren in einen abgelegenen Hof in der Nähe eines Waldstücks in Bad Berleburg eingezogen. Ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz, ohne Heizung, ohne Wasser von einem Versorgungsbetrieb. Und was zuerst als unüberwindbares Hindernis für ein Familienleben ausgesehen hat, sollte sich in weiterer Folge als Start in ein nachhaltiges Lebenskonzept erweisen.... Waschen, Kochen, Duschen..., alles ist schwierig, umständlich und unkomfortabel. „Aber es ist der richtige Weg“, sagt Oliver Junker-Matthes. Es ist die tägliche Herausforderung um die einfachsten Dinge. Von früh bis spät für Basisbedürfnisse zu sorgen – Energie, Wärme, Schutz, Essen, Trinken... - ist, so scheint es, eng mit persönlicher Sinnstiftung und Zufriedenheit verbunden. Und über allen schwebt eine Form von Gemeinsamkeit, Zufriedenheit und einem Gefühl für ein erfülltes Leben zu sorgen. Als Forstarbeiter liegt das Arbeits- und Betätigungsfeld von Oliver Junker-Matthes quasi vor der Haustüre, was denn Kontakt zur Natur als auch zu seiner Familie stets zusammenführt und verbindet. Was ist der Preis dieser Lebensweise? Was ist der Lohn? „Es ist unsere Art zu leben, um Verantwortung für die Erde und nachfolgende Generationen zu übernehmen“, betont die Frau von Oliver Junker-Matthes. Auch sie trägt dieses Lebenskonzept voll und ganz mit. Auch ohne komfortablen Strom, ohne Heizung und ohne Wasser. Oder besser gesagt: Ohne Strom von anderen, ohne Brennstoffe von anderen und ohne Wasser von anderen. Denn immerhin versorgen Sonnenkollektoren die LED-Lampen in der Wohnküche. Wird mit Holz geheizt und gekocht auf dem Ofen. Und das Wasser liefert die Quelle vor dem Haus. „Wer duschen will, muss heizen“, sagt seine Frau. Die Familie will nachhaltig leben - und das tut sie auch. „Andere haben viel Freizeit, meine Eltern dagegen sind ständig damit beschäftigt etwas zu machen“, umschreibt die älteste Tochter Ronja die vermeintliche „Aussteiger-Lebensweise“ ihrer Eltern. Ronja lebt derzeit in Köln und macht dort eine Ausbildung. Am Hof geht jeden Tag ab sechs Uhr morgens das Tagwerk los: Ofen anheizen, Schafe füttern und betreuen, Holz hacken, Wäsche waschen, Essen zubereiten... Es gibt immer was zu tun am Hof. Langeweile? Kennt man hier nur vom hören sagen. „Wir haben hier ganz viel mit den Elementen der Natur zu tun“, sagt Junker-Matthes. Feuer, Erde, Wasser, Wind: damit und davon lebe man. Entsprechend versucht wird auf diese Elemente sorgsam geachtet. „Wir versuchen im Einklang mit der Natur zu leben“, sagt Junker-Matthes. Natürlich gelinge das nicht immer. Beispielsweise, wenn der Generator für die Waschmaschine angeworfen wird. Dennoch ist das Bewusstsein für den Ressourcenverbrauch und natürlichen Elementen gewachsen. Einen besonderen Draht hat der hauptberufliche Forstarbeiter zu seinen Milchschafen entwickelt. Und das, obwohl das Melken der Schafe Anfangs gar nicht geklappt hat – „Ich war schon verzweifelt“. Nur mit Beharrlichkeit, leichten baulichen Veränderungen und viel Ruhe konnten sich letztendlich Erfolge beim Melken einstellen. Ruhe bewahren, beharrlich an einer Sache dranbleiben? Eine Denkweise, die gar nicht in die ökonomische „Zeit ist Geld-Logik“ passt.
Computerspielen und Internet - ohne Strom? Frage an den jüngsten Sohn Taliesin: wie ist das mit der Lust nach Computerspielen und Internet, wenn es keinen oder nur wenig Strom gibt? „Wir haben hier eh seit drei Jahren einen Laptop“, sagt er. „Und mit dem Strom, den Solaranlage und das Windrad produzieren, bin ich dann schon hie und da am Computer. Es ist aber nicht so, dass ich das unbedingt vermisse...“. Mittlerweile habe er auch Strom auf seinem Zimmer und kann da – „zumindest zweitweise“ - sein Handy aufladen. Auch wenn das alles nicht immer perfekt funktioniere, und manchmal die Kerze zum Licht machen angezündet werden muss, so bezeichnet der Teenager diese Lebensweise als durchaus cool. Pendeln zwischen den Welten. „Alle fragen mich immer: wie ist das ‚so’ zu leben“, sagt Tochter Ronja, die derzeit zwischen ihrem Ausbildungsort Köln und dem erdigen Leben hier am Hof hin und her pendelt. Wie schwierig ist der Switch zwischen diesen Welten? „Ich habe das Gefühl, gar keinen Unterschied zu merken“, zeigt sich Ronja überrascht. „Klar, ist es fein, manchmal Fernzusehen oder Musik aus Boxen zu hören. Aber: wenn ich am Hof bin, dann beschäftige ich mich wieder mehr mit meiner Familie und der Natur. Für mich ist das hier eine Oase des Wohlfühlens und des Entspannens“. Wie sieht ein zufriedenes, ausgefülltes Leben aus? Oliver Junker-Matthes und seine Familie haben anscheinend schon ihr ideales Lebenskonzept gefunden... Video-Tipp: www.wdr.de Fotos: Mario Iser © WDR Text: Helmut Wolf
6 Comments
Johanna Engel
2/20/2018 09:01:02
Das geht alles nur so lange man jung und fit ist. Wir haben auch einmal so gelebt, aber dann sind die Kinder aus dem Haus gegangen. Wir sind alt geworden und haben die Arbeit nicht mehr geschafft. Mussten das schöne große Haus verkaufen, leben zwar immer noch ohne Heizung(Öfen) weitgehend autark und analog auf dem Land, aber sind alleine und suchen Leute die mit uns hier wohnen wollen. Aber da kommt unser bescheidenes Leben dazwischen. So will und können viele nicht leben, wenn sie älter werden. Nur daran denkt keiner und die Sache mit der Großfamilie wo dann die Kinder weiter machen ist ein Auslaufmodell. Glauben Sie mir wir waren genau so begeistert wie diese jungen Leute. Hätten nie gedacht, dass die Kinder eines Tages alles dahin werfen um ein "normales" Leben in der Stadt zu führen. Diese tollen Konzepte sind aus einer Zeit, als die Menschen noch zusammen hielten, aber heute? Wir haben es versucht und suchen immer noch Leute die sich ein einfaches Leben auf dem Land vorstellen können, aber Geld verdienen muss man auch, das vergessen viele Idealisten gerne. Denn die Renten, das merken wir schmerzlich, sind hier in Deutschland sehr bescheiden. Und alles wird immer teurer, selbst der Samen!
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Hajo Mühlen
12/9/2018 11:21:31
Liebe Johanna,
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Nicole
8/12/2019 21:26:11
Liebe Johanna,
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Nicole
8/12/2019 22:14:12
Liebe Johanna,
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Jonas Thiele
8/18/2019 22:33:57
Ich kenne einige Familien, auch Auswanderer die genau das selbe Schicksal teilen. Die Anziehungskraft des Systems ist so Familienunfreundlich geworden das der Wunsch vom Mehrgenerationenleben davon schwindet. Echt schade, aber ich glaube und hoffe auf einen Wandel. Denn ein Leben im Hamsterrad haben wir nicht verdient und macht uns alle unglücklich und mürbe.
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9/20/2018 15:19:39
Einfach nur Schön.
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