Kleinbetriebe, Minifarmen, selbstbestimmtes Leben. Kreatives Zusammenwirken von Stadt und (Um-)Land. Ein Zukunftsmodell? Der deutsche Wissenschaftler Ralf Otterpohl ist davon überzeugt... „Eine immunstärkende Lebensweise mit Sinnerfüllung, und ein Tagesablauf mit freudvoller Bewegung... Das allein ist ein guter Grund im Neuen Dorf zu leben“. Was Ralf Otterpohl hier in Bezug auf „echte Gesundheit bis ins hohe Alter“ anspricht, kann auf viele Lebens- und Wirtschaftsbereiche umgelegt werden. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Leiter des „Instituts für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz“ an der Technischen Universität Hamburg, mit nachhaltigen Lebens- und Wohnformen. Mit dem Konzept der „Gartenringdörfer“, die nicht nur sich selbst, sondern auch die umliegende Stadt mitversorgen, formuliert Otterpohl eine neue Form der produktiven und selbstbestimmten Lebensweise. Mensch und Umwelt gleichermaßen im Zentrum. Wie kann man attraktive Dörfer der Zukunft gestalten?, fragt sich der „Siedlungswasserwirtschaftler“ Ralf Otterpohl. Derzeit provoziert der Begriff „Dorf“ eher Assoziationen wie: Überalterung, Abwanderung, keine Arbeitsplätze - und „nichts los“. Mit dem Konzept des „Neuen Dorfes“ möchte Otterpohl einen modernen, zukunftsorientierten Lebensentwurf definieren, bei dem Mensch und Umwelt gleichermaßen im Zentrum aller Überlegungen stehen. Ziel des Neuen Dorfes ist: „Das gute Leben als kreativer Bestandteil einer immer vielfältigeren und produktiven Natur“. Dazu gehört auch ein gutes Auskommen mit einem sinnerfüllten Lebenskonzept zu verbinden. „Das Neue Dorf soll nicht als enge Gemeinschaft, sondern auch als Mitversorger der Stadt gedacht werden“, betont der „Eco Town-Design“-Experte Ralf Otterpohl in seinem neuen Werk „Das Neue Dorf – Vielfalt leben, lokal produzieren, mit Natur und Nachbarn kooperieren“. Sogenannte „Gartenringdörfer“ sollen nicht nur für sich selbst, sondern auch naheliegende Städte mit Lebensmitteln mitversorgen. Das Neue Dorf als eine andere Art von „Bauernhof-Community“ mitsamt Minifarmen als auch Kleinbetriebe, Werkstätten, Gemeinschaftsbüros, Geschäfte, Kindergarten, Schule, Heilpraxen, häusliche Altenpflege usw. Mehr als 300 Menschen sollte die Dorfgröße nicht überschreiten, meint Otterpohl, um ein interessantes Umfeld und einen gemeinsamen Markt schaffen zu können. Durch die Gründung weiterer Dörfer in der Umgebung kann ein Gartenring um eine Stadt entstehen. Die „Gemeinschaft Tempelhof“ in Süddeutschland, kommt der Idee des Neuen Dorfes schon sehr nahe. Hier, inmitten einer wunderschönen, ländlich-hügeligen Landschaft zwischen Stuttgart und Nürnberg, haben vor rund sieben Jahren rund 20 Menschen eine ökologisch, soziale und sinnerfüllte Vision in die Tat umgesetzt: mit lokaler Produktion und solidarischer Wirtschaft für die Menschen. 31 Hektar Boden, bestehend aus 4 Hektar Baugrund, mit zahlreichen Gebäuden und 27 Hektar Agrarland, bieten Raum für gemeinschaftliches Wohnen und vielfältige Möglichkeiten für gewerbliche Betriebe und kreative Projekte. Es gibt Produkte im Gemüseanbau, in Gewächshäusern sowie Ziegenhaltung mit Milchverarbeitung. Käserei, Imkerei, Bäckerei... In der Zwischenzeit ist die Gemeinschaft Tempelhof auf fast 100 Erwachsene und 35 Kinder angewachsen. Es gibt eine Großküche, ein Seminar- und Gästehaus, Werkstätten und Gewerbeflächen, eine Mehrzweckhalle mit Bühne - und viel Natur. 20 Frauen und Männer arbeiten in der Gärtnerei, im Ackerbau, der Tierhaltung, in der Käserei, Imkerei, Bäckerei und in der Kantinenküche – und verwirklichen eine „solidarische Landwirtschaft“, die alle Bewohner gesund und umfassend ernährt. Weitere 15 Arbeitsplätze entstanden im Seminar- und Gästehaus, dem Energie- und Baubereich, der Verwaltung, beim „Mobilen Wohnen” und in der freien Schule. Privatbesitz an Grund und Boden gibt es nicht. Die gemeinnützige „Schloss Tempelhof Stiftung“ hat die Liegenschaft erworben und per Erbpachtvertrag - mit 99 Jahren Laufzeit - an die Schloss Tempelhof Genossenschaft vergeben. Das Objekt wurde so jeglicher künftigen Bodenspekulation entzogen. „Das kreative Zusammenwirken von Stadt und Umland bietet immense Vorteile - für beide Seiten“, ist sich Visionär und Praktiker Otterpohl sicher. Der Mensch finde in der Stadt heute kaum noch ökonomisch akzeptable Lebensperspektiven jenseits der üblichen Erwerbsarbeit, ist der Professor an der TU-Hamburg überzeugt. „Deshalb wäre eine Öffnung des Umlandes durch eine starke Lokalwirtschaft, mit abwechslungsreichen und selbstbestimmten Beschäftigungsmöglichkeiten, für viele Menschen attraktiv“. Wenn in Zukunft Neue Dörfer mit vielen Kleinbetrieben ein normaler Teil der Lebens- und Berufsperspektiven werden, wird es leichter sein, mit und in der Natur zu leben – und zu arbeiten. Gartenbau, Gemüse- und Obstproduktion, Backwarenherstellung, Saatgutvermehrung, Ökomodulhäuser, Wagen-, Maschinen- und Werkzeugbau, Elektrokleintraktoren, Energie- und Kommunikationssysteme, Abwasseranlagen, lokale Wasserversorgung, Transport, Feuerwehr, Geldwirtschaft, häusliche Altenpflege usw. Otterpohl dokumentiert in seinem neuen Buch nicht nur verschiedenste Siedlungs- und Bewirtschaftungsprojekte aus aller Welt, sondern er bietet auch zahlreiche praktische Tipps: von der Standortsuche über Finanzierung, Planung und Umsetzung der Infrastruktur bis hin zu vielfältigen Produktionsformen für die Realisierung der Dorfidee, reicht das Spektrum der Planungsanleitungen. „Ich bin Optimist geworden“, sagt Professor Ralf Otterpohl. Gerade viele seiner engagierten, selbstmotivierten Absolventen der Technischen Universität Hamburg, wollen immer häufiger eigene Lebensperspektiven aufbauen. Aber auch die vielen Gründungen ländlicher Siedlungen der vergangenen Jahre auf der Welt, geben Otterpohl viel Mut und bestärken ihm, mit dem Konzept des Neuen Dorfes am richtigen Weg zu sein. Die Großstadt inmitten von Gartenringen und vielen ländlichen Paradiesen, die die langfristige Wasser- und Lebensmittelversorgung sichern? Eine schöne Vision, an deren Umsetzung wie immer die Entscheidung bei uns Menschen liegt... Buch-Tipp: Das neue Dorf - Vielfalt leben, lokal produzieren, mit Natur und Nachbarn kooperieren Von: Ralf Otterpohl Umfang: 180 Seiten Erschienen im: oekom Verlag Web-Tipps: www.ruvival.de www.schloss-tempelhof.de Fotos: Gemeinschaft Tempelhof Text: Helmut Wolf
2 Comments
10/31/2017 22:31:26
haben sie einen newsletter? Gibt es Veranstaltungen?
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Helmut Wolf
11/1/2017 11:24:14
Lieber Hr Bachor,
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