Die Stadt der Zukunft? Gebäude, die Energie erzeugen, „lustvolle Schnelligkeit“ beim Städtebau und mehr soziale Architektur, fordert der renommierte Coop Himmelb(l)au-Architekt Wolf D. Prix im Interview. „Es sind die Menschen, die eine Stadt und ihre Wohnumgebung lebenswert machen“, betont Wolf D. Prix. Gleich zu Beginn des Interviews mit dem international bekannten Architekten Wolf D. Brix wird klar, dass es bei der „Stadt der Zukunft“ nicht nur um moderne Techniken, ökologische Materialien oder zeitgeistige Slogans geht. Vielmehr bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtungs- und Herangehensweise. Architektur und Städteplanung erfordern das miteinbeziehen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen ebenso, wie die großen Themenfelder (E-)Mobilität, Energie oder Klimawandel. Prix ist Weltbürger und Weltarchitekt. Er hat zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen erhalten. Zu seinen Referenzprojekten zählen unterschiedlichste Gebäude und Institutionen auf der ganzen Welt: der Neubau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt zählt da ebenso dazu, wie das „Museum of Contemporary Art & Planning Exhibition“ in Shenzhen in China, das Busan Cinema Center in Südkorea (Fotos oben), die „BMW Welt“ in München oder die Central Los Angeles Area High School in den USA. Vielseitigkeit zeichnet das Wirken und Schaffen des „Design Prinicpals“ des österreichischen Architektenbüros Coop Himmelb(l)au aus. Gerade ist Prix aus Indien zurückgekommen. In dieser Weltregion geht es vor allem um die Sanierung heranwachsender Slums. Immer mehr Menschen ziehen in die asiatischen Megacities. Dabei hinken Infrastrukturen für Transporte, Energie oder Abfallmanagement weit hinterher. Die Städteplanung ist oftmals überfordert. „Die Slum-Sanierung ist der einzige Weg, um ein menschenwürdiges Leben zu schaffen“, sagt Prix. Dabei gehe es vor allem um die Herstellung von Gesundheits- und Hygiene-Standards. Der Zugang zu sauberen Wasser und Energie sei gerade in den Armenvierteln Indiens und Südostasiens enorm wichtig, will man den Menschen soziale und wirtschaftliche Teilhabe ermöglichen. Den strategische Ablauf der Slum-Sanierungen umschreibt Architekt Prix so: Investoren kaufen das Slum-Land und überzeugen die dortigen Slumbewohner von der besseren Lebensqualität dieser Wohngebäude. Nachdem die Gebäude fertig ausgestattet sind, dürfen die Menschen dann 10 Jahre gratis darin wohnen. Die große Frage lautet also: Wie begegnet man den Bedürfnissen der Menschen in den Großstädten der Zukunft? Politik soll Optimismus in die Gesellschaft bringen. „In Europa haben wir zwar keine Slums, aber andere Herausforderungen“, meint Prix. Architektur alleine könne aber nichts bewirken. Die Rahmenbedingungen und Impulse müssen Politik und Gesellschaft liefern. Die Rolle der Politik sollte es sein, Optimismus in die Gesellschaft zu bringen, nicht das Credo „Geiz-ist-geil“. Er sei daher auch ein Gegner des „smarten Wohnens“, weil dies Menschen auf ein Quadratmeterminimum zusammendrückt. Warum nicht mehr billigeren Wohnraum schaffen? Und wenn es nicht mehr Platz in der Stadt gibt, lässt es sich durchaus gut in vertikal errichteten (Hoch-)Häusern wohnen und leben. „Energie-Plus-Häuser sorgen für besseres Mikroklima“. Ein wesentlicher Aspekt für die Stadt der Zukunft sind: Energielösungen. Prix spricht sich klar für energieerzeugende Häuser aus. „Energiesparende“ Immobilien dagegen suggerieren eher Widerstand und das Drosseln von Freiraum. „Energielinien statt Baufluchtlinien“, sei für ihn ein Motto der Zukunft. Hierbei sollten speziell Aspekte des Klimas die architektonische Ausrichtung vorgeben. Auch die Energiegewinnung durch Bauelemente - von der Windkraft bis zur Geothermie - sind Aspekte, über die man stärker nachdenken und in die Gestaltungsweise miteinbinden sollte. „Energie-Plus-Häuser“ erzeugen nicht nur Strom, sondern sorgen auch für die Verbesserung des Mikroklimas. Das sind alles komplexe Aufgaben, denen man mit offenen Systemen und „Trial & Error“-Methoden begegnen sollte. E-Mobilität und ökologische Transport-Netzwerke. Abwarten und schauen, was passiert, habe sich in der Architektur noch nie bewährt, bricht Prix eine Lanze für die „clevere, lustvolle Schnelligkeit“. Vor allem den Entwicklungen in den Bereichen Mobilität und Transportwesen gelte es mit gänzlich neuen, umweltfreundlichen Ideen und Ansätzen im Städtebau und bei der Architektur zu begegnen. E-Mobilität ist für Prix, ebenso wie Carsharing, die Mobilitätsform der Zukunft. Für den anwachsenden (Online-)Versandhandel könnten weitverzweigte, unterirdische Verbindungsnetzwerke eine Basis für einen schnellen und ökologisch verträglichen Transport bilden.
„Zeitrichtige Architektur ist immer sozial“. Gibt es ein aktuelles Projekt, dass ihm besonders am Herzen liegt? Ja, sagt der heute 74jährige Architekt mit Begeisterung: nämlich jene Ideen realisieren zu können, die bereits in den 1970er-Jahren ins Leben gerufen wurden. Offene Architektur gestalten zu können, die frei gewidmet ist und deren Ziel die Durchmischung aller Bevölkerungsgruppen ist. „Zeitrichtige Architektur ist immer sozial“, unterstreicht der internationale Architekt. Wer die Menschen - und das Menschliche - nicht aus den Augen verliert, wird auch in Zukunft immer richtig liegen... Interview: Helmut Wolf Web-Tipp: www.coop-himmelblau.at Das Interview ist auch bei Media Planet erschienen. Fotos: Busan Cinema Center / Südkorea © Duccio Malagamba, Museum of Contemporary Art & Planning Exhibition / Shenzhen, China © COOP HIMMELB(L)AU
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