Selber tun, statt nur zusehen. Die boomende „Transition Towns“-Bewegung bringt Menschen in den Städten auf der ganzen Welt wieder in die Lage ihre Lebensmittel, Energie und Baumaterialien regional, selbständig und nachhaltig zu produzieren. Transition-Gründer Rob Hopkins (Foto) setzt dabei nicht auf Umwelt-Aktivismus, sondern auf Optimismus und Spaß. „Wir alle wollen glücklich sein“, sagt Inez Aponte. „Aber für viele ist das Leben in dieser Gesellschaft ganz schön schwierig geworden. Transition macht nicht alle glücklich, aber es gibt vielen ein echtes Gefühl von Gemeinsamkeit und Selbstermächtigung. Es ist das Gefühl, die eigene Zukunft mitgestalten zu können und weniger ausgeliefert zu sein…“ Was Inez Aponte von „Transition Bristol“ in England ausspricht, steht symbolisch für die Anziehungskraft der weltweit anwachsenden „Transition Towns-Bewegung“. „Stadt im Wandel“ lautet in etwa die Umschreibung von „Transition Towns Movement“. Gegründet wurde die Bewegung im Jahr 2006 von Rob Hopkins, 44. Der Wissenschaftler und Dozent, zählt heute zu einem der bekanntesten Umweltschützer Englands. Die Bürger dürfen sich nicht mehr auf die Politik alleine verlassen, sondern selber aktiv werden, so die leidenschaftliche Einladung von Hopkins, sich der Bewegung anzuschließen. Statt der Verbreitung von Panikmeldungen, die Menschen mutlos mache, setzt die Transition-Philosophie auf Optimismus und Lebensfreude. Das Ziel von Transition lautet: verstärkt lokale Wirtschaftsformen durch die Bevölkerung aufbauen. Diese Selbstversorgung macht resistent gegen globale Krisen und ermöglicht ein CO2-armes, umweltfreundlicheres Leben. Statt von Konzernen dominiert zu werden, sollen die Menschen und Bürger in den Städten wieder in die Lage versetzt werden, ihre Lebensmittel, Energie oder Baumaterialien regional und selbständig zu produzieren. Ob jährlicher “Kartoffeltag” in Chesterfield, eine “Tool Library” in Seattle, eine Solaranlage auf einem Kirchendach in Melbourne, eine Getreidemühle im argentinischen El Bosón – oder der „Palettengarten“ in Hannover: auf der ganzen Welt entstehen immer mehr sogenannte „Transition Towns“. Die Idee von Transition begann als Experiment in Rob Hopkins’ englischer Heimatstadt Totnes – und expandierte von dort in alle Welt. Transition ist zu einer globalen Bewegung geworden, mit über 1.000 Transition-Town-Initiativen. Auch in Deutschland und Österreich. In der südenglischen Heimatstadt des Gründers Rob Hopkins, in Totnes, entstand im Jahr 2006 die Idee und Vision, sich bis 2030 komplett von Erdöl unabhängig zu machen. Mit Erfolg, wie sich zeigen sollte: so sind in den vergangenen Jahren eine Reihe von konkreten Projekten entstanden, die von der lokalen Bevölkerung mitgetragen und ein neues Gemeinschaftsgefühl entfacht haben. Es gibt eine Regionalwährung – den „Totnes-Pound“ -, die für Schwung in der lokalen Wirtschaft gesorgt hat. Es gibt ein von der Bevölkerung betriebenes Energieunternehmen sowie ein eigenes Bauunternehmen. Ausreichend Ackerland für Gemüse und Obst, das von der Bevölkerung betreut wird, sorgt für nachhaltige Ernährungssicherheit. Transition soll vor allem eines: Spaß machen, betont Mitgründer Rob Hopkins. Die Gemeinschaften und Kommunen können sich mit Energiefragen beschäftigen, mit lokalen Wirtschaftsformen, mit Ernährung oder lokalen Geldwährungen. Generell geht es um Ideenaustausch und Brainstormings, die in praktischen Anwendungen für alle Menschen münden. „Transition ist deshalb so stark geworden, weil es viele Anknüpfungspunkte, viele Zugänge bietet,“ betont Hopkins. „Die einen kommen wegen Klimawandel, Ölknappheit und der Finanzkrise. Die anderen weil sie einfach Spaß und eine positive Gemeinschaft suchen“. Wie funktioniert Transition? Das Grundprinzip hat weniger mit der klassischen (Umwelt-)Aktivisten-Kultur zu tun, die viele Menschen abschreckt. Die Philosophie ist offen für ein breites Spektrum der Bevölkerung. Es gibt zwar keine fix fertigen Anleitungen, dennoch wurde ein Zwölfstufen-Plan zum Nachmachen in der jeweiligen Stadt entwickelt: im Fokus dieses „Stadtentwicklungsplans“ steht ein Energiesparplan, der den Ölverbrauch reduziert. Dieser Plan funktioniert aber nicht nach einem strikten Katalog, sondern versucht alle Menschen in einen Prozess mit einzubinden. Wie können wir Menschen gesund und nachhaltig Leben? Transition versucht eine gemeinschaftliche Antwort zu geben: auf Klimawandel, Ressourcenknappheit und die Finanz- und Wirtschaftskrise. Es ist ein anderer Weg, die Gesellschaft, die Produktion, den Verbrauch zukunftsfähig zu gestalten. „Wir müssen jeden Aspekt unseres Lebens ändern: Ernährung, Kleidung, Transport…, jedes System, von dem unser Leben abhängt – und das in kürzester Zeit. Wir müssen jetzt handeln, nicht in 10, 20 oder 50 Jahren,“ unterstreicht der englische „Transition Trainer“ Narseh Giangrande. Auch das hitzige Thema Geld wird neu definiert.„Geld ist ein mächtiges Netz. Solange wir aber finanziell von der „Wall Street“ abhängig sind, sind wir nicht sehr widerstandsfähig,“ ist Transition-Mitglied Ben Brangwyn überzeugt. „Wir Bürger sollten unser Geldsystem so stark wie möglich selbst kontrollieren und die Verantwortung dafür übernehmen.“ „Das Schöne an Transition ist: lokal anfangen. Und wenn man es überall tut, können wir vielleicht unsere Lebensweise in großem Ausmaß ändern,“ ist Transition Trainerin Sophy Banks überzeugt. Es sei ein Irrtum zu glauben, dass die Regierungen die Probleme lösen können. „Wir brauchen lokales Wissen: jeder Ort muss seinen Pfad in die Zukunft finden. Denn dort kennt man den Boden, die Leute, die Gemeinschaft und die vorhandenen Fähigkeiten“. Das Handeln des Einzelnen kann sich zu wenig anfühlen, sagt Shaun Chamberlin, Autor und Mitglied bei Transition in Kingston. Transition hingegen heißt gemeinsam Dinge zu tun, ohne nach Erlaubnis zu fragen. „Es gibt keine fixen Regeln. Du musst auch nicht für oder gegen etwas sein. Es geht eher darum festzustellen, wo meine Energie liegt und wie ich diese in die Gemeinschaft miteinbeziehen kann“. „Bei Transition geht es darum sich wieder zu verbinden: mit dem Nächsten, mit dem Boden, dem Ort – und am Ende auch mit sich selbst…“ Buchtipp: „Einfach. Jetzt. Machen! Wie wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen“, lautet das neue Buch von Rob Hopkins, dem Begründer der Transition Towns-Bewegung, das am 24. Februar 2014 im Oekom Verlag erscheint. Anhand vieler konkreter Beispiele wird darin geschildert, wie man Probleme vor Ort identifiziert, Lösungen entwickelt, Mitmenschen mobilisiert – und am Ball bleibt. Video-Tipp: schöner Film mit Statements von Transition Towns-Bewohnern...
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