Was bewegt einen modernen Menschen dazu, sich eines Tages für ein Leben in einer Höhle an der Südküste Kretas zu entscheiden? Ohne Statussymbole, ohne übliche Sicherheiten und Komfort? Die gebürtige Deutsche Stephanie Strassner hat dieses Lebenskonzept vor mehr als 20 Jahren gewählt. Ein Gespräch über das Leben mit der Natur, über die Einfachheit und den Genuss von fließendem Wasser. Kreta im Winter. Januar. Frühlingshafte Temperaturen, kurze Regenschauer, einsame Strände und ein ganz besonders warm leuchtendes Sonnenlicht. Balsam für Seele und Sinne des vom winterlicher Kälte gebeutelten Mitteleuropäers. Man saugt das satte Grün der Landschaft, die Aura der prachtvollen Orangen- und Zitronenbäume in den Hainen des kretischen Hinterlandes auf. Spürbar erfreuen sich Körper und Geist. Angenehme Entspanntheit macht sich breit. Zeit für ein Buch, für Gedanken… Der Blick auf das Meer wird zum Exkurs der Entschleunigung. Nach einer rund zweistündigen Fahrt mit dem Auto von Kretas Nordküsten-Stadt Chania in Richtung Süden, liegt es plötzlich vor einem: Lentas, das kleine, verschlafene Örtchen am fast südlichsten Punkt Europas. Der Blick auf das Lybische Meer, der sich mir auf der langgezogenen Serpentinenstraße vom Berg hinunter zum Küstenort eröffnet, ist atemberaubend. Sehr schnell wird einem klar, woraus die Faszination dieser Landschaft besteht. Treffpunkt ist der kleine Hausstrand von Lentas. Da steht eine eloquente, hübsche Frau. Anfang Vierzig. Die liebevoll gestaltete Halskette aus feuergebrannten Tonkugeln harmoniert sehr passend zum dunklen, schlichten Kleid. Ihre wachen Augen vermitteln Lebenshunger, Neugier, Leidenschaft… Leidenschaft für das ewige Mysterium Mensch, für die Schönheit der Natur und die Kraft der Kunst. Ihre beiden Hunde laufen fröhlich hin und her. Eine Begegnung voll Respekt, voll Menschlichkeit und kultivierter Höflichkeit. Ruhig ist es in Lentas Anfang des Jahres. Nur eine Taverne hat geöffnet. Das sanfte Rauschen des Meeres ist hier überall präsent. Wo sich im Sommer Individualtouristen an den herrlichen Stränden der Umgebung erfreuen, sind die Griechen nun ganz unter sich. „Wir leben sehr asketisch, sehr zurückgezogen,“ betont die Künstlerin Stephanie Strassner. In einiger Entfernung zum Ortskern ist sie vor rund 20 Jahren in eine Höhle gezogen. Gemeinsam lebt und arbeitet sie dort mit Dimitris. Seit über zehn Jahren sind die beiden verheiratet. Seit über 20 Jahren ein Paar. Wie hat alles angefangen? „Es war – und ist vielleicht noch immer – als Lebensexperiment gedacht. Im ersten Winter haben wir gesagt: Schauen wir einmal, was daraus wird. Das war anfangs ein sehr schwieriger Seiltanz. Wir haben es nun aber eben schon über 20 Jahre geschafft. Wollen diesen Weg auch weitergehen.“ Der tägliche Rhythmus: „Wenn die Sonne am Morgen aufgeht, stehen wir auf. Wenn die Sonne untergeht, legen wir uns ins Bett.“ Eigentlich ganz einfach, oder?
www.strassner-art.com Text: Helmut Wolf / Fotos: Dimitris Zoran
1 Comment
Hilde Offenberger
7/29/2017 19:03:50
Wow ich bin beeindruckt von dem Lebenskonzept. Irgendwann möchte ich es auch ausprobieren.
Reply
Leave a Reply. |
|