Computer, die Menschen bei der Kommunikation unterstützen. Assistierende Technologie. Diakonie und Verbund setzen sich seit 10 Jahren für einen Rechtsanspruch in Sachen technische Sprachunterstützung ein. Eine Reportage! „Assistierende Technologie ist heute nicht mehr wegzudenken. Wichtig sei es, dass diese nicht als Kostenfaktor, sondern als wichtige Unterstützung ungenützter Ressourcen bei vielen Menschen gesehen wird“, sagt Hannes Schwabegger. Schwabegger weiß wovon er spricht. Der 31-jährige Oberösterreicher ist spastisch gelähmt und – dank assistierender Technologien - überaus aktiv in Wirtschaft und Gesellschaft. Er arbeitet als selbstständiger Grafik-Designer, als „Peer-Berater“ für Betroffene und entwickelt gemeinsam mit dem Unternehmen „LIFETool“ als „Power-Tester“ neue, technische Tools. Hier zeigt sich vor allem eines: technische Innovationen erweitern den Radius für Menschen mit Einschränkungen - und sie schaffen neue Perspektiven... Augengesteuerte Computer, „sprechende Tasten“, Mobile „Talker“, die es ermöglichen ohne eigene Lautsprache zu E-Mailen, Skypen oder auf Facebook, Instagram und Co. zu kommunizieren... Unterstützte Kommunikation mit „technischen Lebenswerkzeugen“ sind zentrale Eckpfeiler für Menschen wie Hannes Schwabegger, um am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen Leben teilzunehmen. „Dank technischer Hilfsmittel, konnte ich alleine meine Schularbeiten machen. Und ohne assistierende Technologien wäre ich nicht dort, wo ich heute bin“, sagt Schwabegger. Etwa 63.000 Menschen mit Einschränkungen leben in Österreich. Für viele dieser Betroffenen ist Kommunikation nicht, oder nur schwer verständlich, möglich. Computer, Tablet oder andere assistierende, technische Tools, bilden dabei die Grundlage, um mit der Umwelt zu kommunizieren und sich verständlich zu machen. „Menschen mit Sprach-Behinderungen sind nicht sprachlos. Es fehlt aber immer noch der Rechtsanspruch auf technische Sprach-Unterstützung“, sagt Maria Katharina Moser, Direktorin der Hilfsorganisation „Diakonie“. Gemeinsam mit Partner Verbund fordert man bereits seit 10 Jahren einen Rechtsanspruch auf assistierende Technologien. Jene Tools, die heute eine tragende Rolle bei der Inklusion in der Schule, der Arbeitswelt und im Sozialeben spielen. Viele Menschen können sich die kostspieligen Technikwerkzeuge nicht leisten. Mit einem Rechtsanspruch auf diese Technologien würde sich die Situation deutlich verbessern. Zudem „wäre es auch volkswirtschaftlich billiger“, zeigt sich Moser überzeugt. Gerade in einer Zeit, wo überall von den Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung gesprochen wird, wäre ein Rechtsanspruch auf technische Hilfsmittel ein Gebot der Stunde. Potenzial von Menschen mit Einschränkungen als Chance. „Wenn wir behinderte Menschen nicht in der Gesellschaft und den Unternehmen integrieren, verlieren wir auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen“, spricht Verbund-CEO Wolfgang Anzengruber einen grundlegenden Aspekt an. Nämlich: Menschen mit Einschränkungen stellen auch ein großes, wichtiges Potenzial für Wirtschaft und soziales Leben dar. Oftmals können sie dieses Potenzial aber nicht einbringen. „Es ist den Betroffenen nicht zumutbar, dass sie seit Jahren als Bittsteller auftreten müssen. Ich denke, es ist an der Zeit, dass Politik und öffentliche Hand ihre Verantwortung übernehmen“, betont Anzengruber. Rund 6.000 Menschen mit Behinderung konnte durch den „VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie“ seit 2009 die Beratung zur unterstützten Kommunikation und assistierenden Technologien ermöglicht werden. Parallel dazu wurden etwa 12.000 Pädagogen, Therapeuten und Angehörige - unter anderem zum Schwerpunktthema Frühförderung für Kinder mit Behinderung - sensibilisiert und informiert. „Aus meiner Vernetzung mit anderen Peer-Beratern in ganz Österreich weiß ich, dass die Situation in jedem Bundesland unterschiedlich ist“, sagt Hannes Schwabegger (Bildmitte). Beispielsweise: Eine Drittelfinanzierung für ein 10.000 Euro teures Unfallkontrollsystem, wo verschiedenen Geräte in der Wohnung angesteuert werden können, gibt es nur in Oberösterreich. Es sei an der Zeit, das bundesweit zu finanzieren und klar zu regeln, damit sich die Menschen nicht mehr in einem „undurchdringlichen Dschungel an Formularen und Stellen“ bewegen müssen, so Schwabegger. „Ein erster, wichtiger Schritt wäre es, einen „One-Stop-Shop“ zu schaffen, wo alle Belange zusammenlaufen und abgehandelt werden können“, sagt Diakonie-Direktorin Moser. „Was aber letztlich zählt, ist, ob die Betroffenen eine Entlastung spüren". Dass die Frage des Rechtsanspruchs noch immer nicht geklärt ist, und das nach 10 Jahren, sei „sehr bedauerlich“. „Erst ein Anspruch auf rechtlicher Basis verschafft Menschen die Sicherheit, dass alle, die Unterstützung benötigen, diese auch bekommen“, betont Moser (Foto). Daher sei ein Rechtsanspruch für alle Menschen, die ein Hilfsmittel brauchen, so wichtig. Noch 2018 hatte das Sozialministerium angekündigt, dass es ab Mitte 2019 möglich werden soll, den Antrag nur bei einer Stelle einzubringen. „Doch nachdem die letzte Regierung zerbrochen ist, ist wieder alles offen“, erklärt die Diakonie-Direktorin. Anschluss an Gesellschaft durch Kommunikation. Es kann - und muss - im Interesse aller sein, dass auch Menschen mit (Sprach-)Beeinträchtigungen die Möglichkeit haben, sich verständlich zu machen. Sich einbringen zu können in den gesellschaftlichen Diskurs, ist ein wesentliches Element für die Lebendigkeit und das friedliche Zusammenleben in einer Demokratie. „Erst die Kommunikation schafft einen Anschluss an die Gesellschaft“, gibt Wolfgang Anzengruber zu bedenken. Und wenn Technik es ermöglicht, Menschen eine Stimme und gleichzeitig neue Perspektive zu geben, umso besser... Web-Tipp: Verbund Empowerment Fund Fotos: Christian Redtenbacher, Simon Rainsborough, LIFEtool, Verbund Text: Helmut Wolf
1 Comment
1/10/2020 14:47:07
Das neue Regierungsprogramm stimmt hinsichtlich one-stop-shop samt Beratung und Versorgung mit entsprechenden Assistierenden Technologien zuversichtlich.
Reply
Leave a Reply. |
|