Wie ökologisch und sozial ist die Textilbranche? Und ist Nachhaltigkeit nur ein Marketing-Tool? Melanie Kuntnawitz, bei Jack Wolfskin verantwortlich für soziale Nachhaltigkeit und Produktökologie, sieht im nachfolgenden Interview ein Umdenken... Die Textilbranche war in den vergangenen Jahren mit vielen negativen Meldungen in den Schlagzeilen. Was hat sich ihrer Meinung nach zum Positiven verändert? In den letzten Jahren gab es hinsichtlich ökologischer und sozialer Produktionsbedingungen ein Umdenken in weiten Teilen der Textilindustrie. Jack Wolfskin hat bereits vor einigen Jahren begonnen sich von der Produktverantwortung in Richtung „Produktionsverantwortung“ zu bewegen. Das heißt: es ist für uns nicht ausreichend „nur“ sicher Produkte zu verkaufen, wir möchten auch, dass Mensch und Umwelt bereits während der Produktion geschützt sind. Transparenz bei der Lieferkette verhindert den Vorwurf des „Green Washings“. Wie transparent ist Jack Wolfskin? Unser Unternehmen ist in den letzten Jahren immer transparenter geworden. Mittlerweile veröffentlichen wir unsere komplette Lieferkette auf unserer Website. Auch mit unserem „Sozialbericht“ geben wir sehr transparent Einblick in unsere Erfolge, aber auch auf die größten Herausforderungen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit ist bei Ihnen „Chefsache“ und nicht Teil der Marketingabteilung. Wird das Thema „Verantwortung und Soziales“ in der Wirtschaft nach wie vor als „Randthema“ betrachtet? Nachhaltigkeit muss immer von der Führungsebene getrieben sein. Nur so lassen sich Ziele langfristig realisieren. Wahrscheinlich ist es aber immer ein „wichtiges“ Randthema, da das Hauptaugenmerk von Wirtschaftsunternehmen in erster Linie auf den Produkten liegt. Sie gelten als Mitgliedsunternehmen der „Fair Wear Foundation“. Was hat es damit auf sich? Die „Fair Wear Foundation“ (FWF) ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Bekleidungsfabriken einsetzt. Die FWF konzentriert sich dabei auf Fabriken, die Stoffe zu Kleidung, Ausrüstung oder Schuhen verarbeiten, da dies der arbeitsintensivste Teil der Zulieferkette ist. Das Besondere an der FWF ist der „Multi-Stakeholder“-Ansatz, bei dem verschiedene Interessensgruppen im Vorstand vertreten sind und gemeinsam über die zukünftigen Ziele der Organisation entscheiden. Der Verhaltenskodex, zu dem wir uns verpflichtet haben, umfasst Kernziele wie die freie Wahl des Arbeitsplatzes, keine Ausbeutung durch Kinderarbeit oder angemessene, gesundheitsverträgliche Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen. Das nachhaltigste Produkt ist jenes, das lange getragen werden kann. „Fashion is dead. Long live clothing“, umschreibt das die Trendforscherin Li Edelkoort. Was halten sie als Unternehmer von diesem Ansatz? Unsere Produkte sind für einen langen Gebrauch ausgelegt. Wir unterstützen unsere Kunden sogar darin ihre Produkte möglichst lange tragbar zu halten indem wir einen professionellen Reparaturservice oder einen „nachimprägnier-Service“ (PFC-frei) anbieten. Außerdem haben wir Modulare Konzepte, wie beispielsweise unsere „3-in-1-Jacken“, die sowohl im Sommer wie auch im Winter einzeln oder zusammen-gezippt getragen werden können. Durch das „Baukastensystem“ ermöglichen wir es unseren Kunden bei Bedarf auch einzelne Komponenten auszutauschen oder zu ersetzen. Worauf sind sie besonders stolz und wo sehen sie noch Verbesserungsbedarf im Hinblick ihre Nachhaltigkeitsstrategie? Zuerst: Verbesserungspotentiale haben wir als gesamte Industrie noch hinsichtlich Ressourceneffizienz. Vor allem Wasser wird in der Textilindustrie in großen Mengen verbraucht. Auch gilt es den Aufbau eines flächendeckenden „Chemical-Management-Systems“ zu forcieren. Besonders stolz sind wir darüber bewiesen zu haben, dass Transparenz kein Problem, sondern eine Chance ist. Wir hoffen, dass unserem Beispiel weitere Firmen folgen werden und wir dadurch in Zukunft einen offeneren Dialog über Herausforderungen und „Best-Practice-Beispiele“ führen können. Vielen Dank für das „offene“ Gespräch. Mehr Nachhaltigkeit Mit folgenden Maßnahmen arbeitet Jack Wolfskin an der Umsetzung weiterer sozialer und ökologischer Standards: - Mit der Umsetzung des „bluesign® Standards“ sorgt der Outdoor-Spezialist dafür, dass die gesamte Lieferkette - Spinner, Stricker, Weber, Färber, Drucker, Veredler, etc. - möglichst ressourcenschonend arbeitet. Das heißt: nur „unkritische“ Chemikalien werden zur Verarbeitung und Behandlung der Stoffe eingesetzt. Alle Prozesse laufen entsprechend der besten verfügbaren Technik ab. Auch hier gilt das Ziel: bis 2020 alle Stoffe nur von jenen Lieferanten zu beziehen, die nach den o. g. Prinzipien arbeiten. - Als Mitglied der „ZDHC“ (Zero Discharge of Hazardous Chemicals) arbeitet der Outdoor-Spezialist zusammen mit anderen Firmen daran, jene gefährliche Chemikalien, die in der Textilindustrie eingesetzt werden, bis 2020 zu eliminieren. - Als Mitglied der „Fair Wear Foundation“ arbeitet man gemeinsam mit Zulieferern daran, die Arbeitsbedingungen in den Produktionsbetrieben kontinuierlich zu verbessern. Web-Tipps: Jack Wolfskin-Lieferantenkette Jack Wolfskin-Sozialbericht Fotos: Jack Wolfskin Interview: Helmut Wolf
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