„Das Auto ist überall. Flucht ist zwecklos...“ Mit seiner Streitschrift „No Car“ liefert Autor Salomon Scharffenberg einen provokanten Beitrag zur großen Frage: Wie sieht eine zukunftsfähige Mobilität aus... Eine Reportage! „Es ist eine Ironie, dass wir gerne mit dem Auto und Motorrad ruhige Orte suchen... und damit die Ruhe zerstören“, sagt Journalist Scharffenberg. Wenn der Autor über das Thema Mobilität und Autoverkehr schreibt, dann unterlegt er es zum Einen mit Zahlen und Daten. Er macht aber vor allem eines deutlich: Es gibt viele Widersprüche, die mit dem „motorisierten Individualverkehr“ zusammenhängen. Denn: Trotz „zerstörererischer Kraft des Autos“ (Abgase, Feinstaub, Verkehrstote, Lärm, Klimawandel usw.), halten noch immer viele Teile der Gesellschaft am Automobil fest. Worin sieht er die zukünftige Alternative der Mobilität? Antwort: In einer modernen „Fahrrad-Eisenbahn-Gesellschaft“... Die „Vision eines besseren Lebens“? Mit Lebensqualität, Gesundheit, Fortschritt und Optimismus? Am besten in Form einer „massentauglichen Kombination aus Eisenbahn und Fahrrad“. So umschreibt der studierte Betriebswirt und Verkehrsexperte Salomon Scharffenberg jenes Mobilitätskonzept, dass für ihn eine bessere Zukunft bedeutet. Eine Erkenntnis, die ihm bei einer (Zug-)Reise an die Riviera Italiens „passierte“. Cinque Terre, „einer der wunderbarsten Flecken auf dieser Erde“, so Scharffenberg, verfüge nicht nur über eine zauberhafte Landschaft mit spektakulären Ausblicken auf das Meer. Auch die Eisenbahnlinie ist eine Attraktion. Die Bahnhofsunterführung in Riomaggiore führt einerseits zur Stadt, andererseits direkt an den Strand. „Geht doch“, denkt sich der Autor. Auch mit der Eisenbahn lassen sich wunderbare Ziele in Europa direkt erreichen... Das Auto. „In erster Linie ein Symbol von Status und Lebenssstil“, meint der Sachbuchautor in seinem Buch „No Car – Eine Streitschrift für die Mobilität der Zukunft“. Es sei ressourcenintensiv, ineffizient und seine ökologische Bilanz sei verherrend. „Wer sachlich denkt und es durchrechnet, müsste es sofort stehen lassen“, sagt Scharffenberg. Und versucht gleich mit einem Zweifel aufzuräumen: Von A nach B zu kommen ist mit dem Auto möglich, aber gar nicht so wichtig, glaubt der Autor. Zwei Drittel aller Fahrten sind kürzer als zehn Kilometer, belegen Studien. „Diese könnten problemlos - und bequem - zu Fuß oder mit dem Fahrrad gemacht werden. Alternative Mobilitätsformen gebe es genug oder sollten noch viel mehr ausgebaut werden... Aber die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie? Und der Berufsverkehr? Und die Individualität und Freiheit des Einzelnen...? Keine Frage, die vollständige Abschaffung des Automobils wäre ein harter Einschnitt in die menschliche Gesellschaft, so der Autor. Aber: Soll die Gesellschaft tatsächlich ökologischer und sozialer werden, braucht es mutige Entscheidungen – mitsamt einer Reihe „flankierender Maßnahmen“. Scharffernberg erwähnt dabei zwei wesentliche Eckpfeiler dieser „Disruption“: Ein bedingungsloses Grundeinkommen und die (ökologische) Agrarwende. Dabei zitiert er (sogar) Tesla-Gründer Elon Musk, der der Überzeugung ist, dass Roboter in nicht allzu ferner Zeit unsere Jobs übernehmen: „Dann bliebe der Regierung keine andere Möglichkeit als den Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen auszuzahlen“. Die Menschen hätte dann mehr Zeit, sich interessanteren Aufgaben zu widmen... Das Potenzial des bedingungslosen Grundeinkommens, ist vor allem der weitläufige Effekt: Es entsteht Raum und Muße für neue Ideen - auch in Sachen Mobilität. „Wenn einmal die Fixierung auf das Auto weg ist, gibt es viel mehr Platz und Zeit für Kreativität und andere Dinge“, so seine Einschätzung. Und mit der Kreativität könne Innovation und damit Erfolg entstehen. Gerade das „Innovationspotenzial bei öffentlichen Verkehrsmitteln“ könne sich mit diesen „flankierenden Maßnahmen“ erfolgreich ausbreiten. Parallel dazu braucht es eine „vollständige Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft“: Mit kleineren Traktoren, kleineren Flächen und mehr (grünen) Arbeitsplätzen. Die konventionelle Agrarindustrie, einer der Hauptverursacher des weltweiten Klimawandels, habe keine Zukunft mehr... „Sind die Autos erst einmal verschwunden, werden wir uns wundern, wie viel Raum entstanden ist“, sagt Scharffenberg. Raum, in dem wieder Leben stattfinden kann. In den Städten könnten dann bisherige Parkplätze zu grünen Inseln werden. Dort könnten sich (wieder) Menschen begegnen, Kinder spielen, neues Leben und sozialer Austausch entstehen. Die Hälfte der Autobahnen (in Deutschland) könnte man in Grünflächen verwandeln, die andere in „Solarstraßen“. Eine Standardautobahn mit zwei Fahrstreifen in jede Richtung hat eine Breite von 31 Metern. Alleine in Deutschland gibt es 13.000 Kilometer betonierte Autobahnen. Großflächige Freiflächen-Photovoltaikanlagen würden einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der Energiewende leisten, ist der Autor überzeugt. Was wird passieren, wenn die Autos abgeschafft sind?“, fragt Salomon Scharffenberg Werden wir unseren ganzen Lebensstil ändern müssen? Wird die Gesellschaft sich grundlegend verändern? Wird unsere Wirtschaft zusammenbrechen? „Nein. Wir werden zu Fuß gehen, Rad fahren, Bahn fahren. Wir werden gesünder und glücklicher sein“, so sein Fazit. Wer das nicht glaubt, sollte einmal nach Kopenhagen schauen. Mobilität mit dem Auto sei jedenfalls nicht zukunftsfähig. Nachhaltige Mobilität ist eine Kombination aus (E-)Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln. Ebenso braucht es mehr Güterzüge. Es ist aber auch eine Frage der Gerechtigkeit den öffentlichen Verkehr weitgehend auszubauen und das Auto für alle - langfristig planbar - abzuschaffen. Dass „die Freude am Fahren“, die Lebensqualität und Mobilität gar nicht an das Auto gebunden sind“, dies möchte ich mit diesem Buch aufzeigen, sagt Scharffenberg. Auch unserer Gesundheit und der Umwelt würde es guttun, wenn wir mehr Fahrrad und weniger Auto fahren würden. Die Verantwortung liege aber nicht beim Einzelnen, sondern beim Staat, so seine Einschätzung. Denn: Der Einzelne verändert sein Verhalten in der Regel erst, wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen diese Verhaltensänderung befördern – oder verlangen... „Ohne Auto leben wir besser. Versprochen", sagt der Autor. Jemand der so ein Versprechen abgibt, meint es wirklich ernst... Buch-Tipp: „No Car - Eine Streitschrift für die Mobilität der Zukunft“ Autor: Salomon Scharffenberg Umfang: 232 Seiten, Softcover Erschienen bei: Oekom Verlag Fotos: Nubia Navarro (Titelbild), Noelle Otto, Riccardo Bresciani, Daniel Xavier, David Dibert, Elviss Railijs Bitāns, Veerasak Piyawatanakul / Pexels; Jazia Raujo, Schwoaze / Pixabay; Roels-Heinen Text: Helmut Wolf
2 Comments
Onkelhumptydumpty
6/3/2020 08:13:27
Es ist auch ein Traum von mir...aber leider wird das Land(die Welt)von der Wirtschaft regiert und Menschen sind engstirnig und trotzig.Deswegen wird es wohl ein Traum bleiben.
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Werner Warnsholdt
11/30/2024 17:57:07
Wie sollen im Winter immer mehr Alte Menschen im Winter mit dem Fahrrad unterwegs sein.
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