Sicherheit, Big Data und Mobilität. Digitale Lösungen bringen mehr Sicherheit beim Autofahren. Jedoch wächst auch die Gefahr des Datenmissbrauchs. Mobilität im Spannungsfeld zwischen technischer Innovation und Datenschutz... Nach einer mehrstündigen Autofahrt ist Herr Maier müde. Seine Augen sind schwer, der Kopf bewegt sich immer wieder leicht nach vorne. Der auf dem Armaturenbrett positionierte Sensor im Auto registriert, in welche Richtung Herr Maier blickt, wie weit seine Augen geöffnet sind und wie er den Kopf hält. Ein Sicherheitssystem registriert sein Verhalten und stellt sicher, dass das Fahrzeug in der Fahrspur bleibt und ausreichend Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Auto hält. Falls notwendig, ist es möglich, Herrn Maier aufzuwecken, wenn er in den gefährlichen Sekundenschlaf zu fallen droht... Technische Helfer. Dieses umschriebene Szenario ist ein von Volvo entwickeltes Sicherheitssystem der „Vision 2020“. Das Ziel lautet: der Fahrer kann sich auf sein Auto verlassen, im Notfall hilft es ihm sogar. Das Auto der Zukunft - als technischer Helfer und Assistent? Immer mehr Autohersteller setzen auf integrierte Fahrer-Assistenzsysteme. Auch VW hat eine Müdigkeitserkennung entwickelt, die ab einer Geschwindigkeit von 65 km/H kontinuierlich das Fahrverhalten analysiert und daraus Rückschlüsse auf die Fahrtüchtigkeit des Fahrers zulässt. Kundenbindung sagen Autohersteller, Datenmissbrauch und Überwachungsindustrie Verbraucherschützer. Der Trend ist klar: das Auto der Zukunft sendet immer mehr Daten an Hersteller und Kartendienste. Neue Automodelle sind – mit eigener SIM-Karte ausgerüstet – stets und überall Online, um Daten zu senden und Daten zu empfangen. Prognosen zufolge wird sich das Volumen der von vernetzten Fahrzeugen übertragenen Daten in den kommenden Jahren vervielfachen: während derzeit rund 27 MByte pro Stunde übertragen würden, sollen es im Jahr 2020 bereits 215 MByte sein. Die Digitalisierung der Autoindustrie ist einer der großen Megatrends der Mobilitätsbranche. Angefeuert wird diese Entwicklung durch ungeahnte Möglichkeiten der Vernetzung. Das Auto als Protagonist des „Internets der Dinge“? Vor allem Onlinedienste und ausgeklügelte Sicherheitsfunktionen gelten als Triebfeder der Innovationen. So hat beispielsweise Kapsch einen kleinen Stecker als „persönlichen Notfallbegleiter“ entwickelt: der daumengroße Stecker, der von der Allianz Gruppe in Österreich unter dem Namen „Allianz Drive“ angeboten wird, kalibriert sich nach dem Einstecken in eine 12-Volt-Buchse und verständigt bei einem Unfall über ein Notrufsystem die Rettungskräfte. Die inkludierte App bietet nützliche Zusatzfeatures, wie zum Beispiel das digitale Fahrtenbuch. Etwa alle 20 Minuten verletzt sich auf Österreichs Straßen ein Mensch bei Kfz-Unfällen. In der Regel sind Einsatzkräfte nach Absetzen des Notrufs innerhalb von wenigen Minuten vor Ort. Aber nicht immer kann der Verunfallte selbständig die Hilfskräfte anfordern, was dramatische Folgen haben kann. Die Telematik-Lösung „Allianz Drive“, die in ganz Europa funktioniert, versucht hier Abhilfe zu leisten: der Stecker erkennt über einen Beschleunigungssensor, wenn ein Schwellwert überschritten wurde und ob es sich dabei um einen Unfall handelt. Wenn ein Unfall erkannt wurde, verschickt der Stecker eine Unfall-Nachricht mit GPS-Position und Zeit. Datenschutz im Auto? Mit der zunehmenden Entwicklung hin zum vernetzten „Smart Car“, stellen sich auch kritische Fragen des persönlichen Datenschutzes. Viele Autohersteller haben heute mehr Informationen über die von ihnen ausgelieferten Fahrzeuge als deren Besitzer. Die Unternehmen haben nicht nur einen ständigen Überblick über den technischen Zustand der Autos, sie wissen auch, wo sich jeder einzelne Wagen befindet, ob er im Stau steht und welche Musik der Fahrer gerade hört. Das Auto als rollender Computer: durchschnittlich stecken in modernen Mittelklassewägen bereits heute bis zu 100 Millionen Zeilen Programmiercodes. Ein Vergleich: das gesamte Space Shuttle kam mit etwa 400.000 Zeilen Code aus. Die Technik ist mittlerweile so komplex, dass Volkswagen Behörden und Verbraucher jahrelang mit einfachen Softwareprogrammen hinters Licht führen konnte, wie der Abgasskandal belegt. Laut einer Studie des „Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation“ (IAO), werden alle deutschen Oberklassehersteller bis zum Jahr 2020 hochautomatisierte Funktionen, wie Stau- oder Autobahnpiloten, anbieten. Fazit: Sicherheit hin, „Big Data“ her - bei der Datenübermittlung, betonen Autofahrerklubs in ganz Europa unisono, muss auch zukünftig alleine der Fahrer am Steuer sitzen. Auch wenn das Auto irgendwann selbständig fahren kann, der „gläserne Autofahrer“ könne nicht Ziel technischer Lösungen und Innovationen sein. Autohersteller oder andere Diensteanbieter sollten deshalb die Daten der Autobesitzer hinreichend pseudonymisieren und verschlüsseln. Die Freude am Fahren stellt sich dann „mit Sicherheit“ von selber ein... Web-Tipp: www.kapsch.net Fotos/Illustrationen: MINI & Dezeen, Titel-Motiv: Mini Concept Project von Dominic Wilcox, autotrainingcenter.com, Volvo Text: Helmut Wolf
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