Stille Almen. Romantische Wälder. Schmetterlinge, Blumen, tolle Ausblicke... Eine (Weit-)Wanderung am „Alpe Adria Trail“ zeigt einem: wer zu Fuß geht, kommt der Natur und sich selbst besonders nahe... „Schafft ihr das?“. Ist das nicht zu weit?“ Kurz vor Beginn der Wanderung am „Alpe Adria Trail“, kommen nicht nur bei Freunden und Familie leichte Zweifel auf. Am „Programm“ steht: die Drei Länder-Rundtour. Zwischen Italien, Slowenien und Österreich. Über 7 Tages-Etappen. Täglich 6 – 8 Stunden. Zu Fuß. Rund 135 km. Nicht nur „auf der Geraden“, wie bei unserer Wandertour im Vorjahr in Norwegen. Sondern auch über stattliche Berge. Das heißt: bis zu 1.300 Höhenmeter am Tag überwinden – und wieder talabwärts gehen. Halten das die Knie aus? Was ist, wenn ein Gewitter aufzieht? Was ist, wenn man nicht mehr kann? Was ist, wenn... Eine Woche überwiegend draußen sein. Und wie schon im Vorjahr, zeigt sich: man geht die ersten Schritte los, und plötzlich: sind all die Zweifel wie weggeblasen. Die Sonne strahlt über dem italienischen Grenzort Tarvis, unserem Ausgangspunkt (und Endpunkt). Wir freuen uns wie kleine Kinder. Der Anblick des Feuersalamanders mitten am Weg, ist für uns ein gutes Omen: das wird eine besondere, eine außergewöhnliche Wander-Tour. Eine Woche überwiegend draußen sein. Im Wald, auf Bergen, über Almen, durch Täler und Dörfer marschieren. Den Elementen ausgesetzt. Fortbewegung - nur mit der eigenen Körperkraft. Kein Mountain-Bike, kein Auto, das stundenlange Fußmärsche und Wanderrouten in ein paar Minuten überwinden würde. Worin liegt der Reiz dieser ursprünglichster aller Anstrengungen? Was sollten wir alles für die sieben Tage mitnehmen? Was ist „wirklich“ wichtig? „Beim Wandern kommt auch die Seele mit“, bringt jemand die Faszination des zu Fuß Gehens auf den Punkt. Wandern bedeutet vor allem: Kontakt zur Umwelt aufzunehmen - und zu sich selbst. Das „besondere Erlebnis“ erfolgt nicht auf Knopfdruck oder durch Animation am Handy. Erlebnisse passieren – unvorhergesehen und überraschend, wie das in der Natur halt ist. Und dabei kann sich ein kleiner Kosmos öffnen: da taucht ein wunderschöner Schmetterling auf. Dort blitzt die Sonne durch den märchenhaften Wald. Wie gut schmecken die Walderdbeeren am Wegesrand. Der kühle Wasserdampf des rauschenden Bachs erfrischt uns schweißnasse Wanderer... Es ist einfach nur schön da zu sein, den Moment erleben und genießen zu dürfen. Auch wenn sich das Gepäck zeitweise ganz schön „anhängt“ oder das Knie kurzzeitig „meldet“... Der Himmel auf Erden... Die Luft ist wunderbar frisch an diesen ersten Wandertag der Drei-Länder-Rundtour. Der Anblick auf das beeindruckende Bergmassiv der Mangart-Gruppe versetzt einem in Freude. Noch mehr Glücksgefühle werden freigesetzt, als wir die Weißenfelser Seen („Laghi di Fusine“) erreichen: darin spiegelt sich der rund 2.700 Meter hohe Mangart, der vierthöchste Berg der Julischen Alpen. Ein unglaubliches Schauspiel. Das smaragdgrüne, fast karibisch anmutende Wasser der beiden Weißenfelser Seen, die Bergkulisse der Julischen Alpen und ein Capuccino auf der Terrasse der „Albergo Edelweiss“ – das ist der Himmel auf Erden. Und sollte es auch weiterhin bleiben, als wir den schweißtreibenden Aufstieg zur Hütte „Rifugio Zacchi“ am Fuße der Mangart-Gruppe geschafft haben... Italienisches Lebensgefühl und Wandern. Eine besonders reizvolle Kombination. Die Sonne strahlt als wir auf der Terrasse der charmanten Rifugio Zacchi-Hütte (1.380 m) Platz nehmen und uns die Wanderschuhe ausziehen. Die Lage der Hütte ist herrlich: wir blicken auf die Wände des Mangart-Massivs und erfreuen uns am zweiten italienischen Kaffee heute. Da hier unsere erste Alpe Adria Trail-Übernachtung stattfindet, blicken wir der abendlichen Pasta schon mit großer Vorfreude entgegen. Doch vor dem „Dolce Vita“ steigen wir noch – mit leichten Tagesgepäck(!) – auf den rd. 1.900 Meter hohen Bergpass Vratka/Porticina. Teilweise durch Schneefelder und über felsiges Gelände. Belohnt werden wir mit einem tollen Rundblick ins slowenische Planica-Tal und auf die rundumliegenden Berge. Genuss und Wandern. Wer je eine romantische Hütten-übernachtung in der Bergen erlebt hat, mitsamt der klaren Luft, den Ausblicken und der abendlichen Stille, kann nachvollziehen, welch besondere Momente wir hier im Refugio Zacchi genießen dürfen. Und dann noch die Pasta. Sie übertrifft unsere Erwartungen und bestätigt den Ruf des genussvollen Lebensgefühls Italiens - das bis zu den Almhütten hinauf reicht. Wir schlafen zufrieden und erschöpft ein, und träumen von einem ruhigen Leben in den Bergen... Die nächste Etappe führt uns in den bekannten, slowenischen Wintersportort Kransjka Gora. Das Wetter meint es weiterhin gut mit uns. Geht es Anfangs („knie-intensiv“) rund 2 Stunden bergab, so können sich die Beine später auf der ebenen (Rad-)Strecke Richtung Slowenien wieder gut erholen. Die härteste Etappe der Drei-Länder-Rundtour steht bevor. Von Kransjka Gora über die Karawanken werden wir wieder nach Kärnten/Österreich wandern. Zum Berggasthof „Baumgartnerhof“ in Altfinkenstein, wo wir übernachten werden. Rund 8 Stunden Gehzeit erwarten uns. 1.300 Höhenmeter hinauf – und wieder hinunter. Wie an jedem Vorabend, beschäftigt man sich seelisch und körperlich mit dem nächsten Tag, der nächsten Etappe: Wanderführer und Karten gut studieren, Blasen oder Druckstellen an den Füßen versorgen, Dehnungsübungen machen, Magnesium einnehmen, Rucksack so gut wie fertig packen... Diesmal sind wir etwas angespannter. Was wird uns der nächste Tag bringen? Ein strahlender Sonnentag gibt uns gleich zu Beginn der vermeintlichen „Härtetour“ ein motivierendes Gefühl. Während des Aufstiegs wird man begleitet von der kühlen Waldluft und erfrischenden Brise des angenehmen rauschenden Bachs neben dem Weg. Wenn wir uns umdrehen blitzen die Julischen Alpen und „2.500er“ durch das Geäst. Diesmal haben wir uns etwas mehr Wasser (ca. 2 Liter) – und damit mehr Gewicht - mitgenommen, da es längere Zeit keine Einkehrmöglichkeit gibt. Wolken ziehen auf, es grummelt etwas am grauen Himmel. Ruhig und konzentriert gehen wir stetig bergauf. Auf einer schönen Almwiese nehmen wir unsere Jause ein. Schon jetzt ein wenig stolz, die vielen Höhenmeter gut bewältigt zu haben. Wenn wir diese Tour „überstehen“, kann uns nichts mehr passieren... Viele Erkenntnisse in der Natur... Es sollten noch einige Stunden vergehen, bis wir schließlich beim Berggasthof Baumgartnerhof eintreffen sollten. Und wie sooft, fühlen sich die letzten ein, zwei Stunden vor dem Ziel, wie fünf Stunden an. Zeit, um ein paar Gedanken zu finden oder vielmehr Erkenntnisse zu „gewinnen“: Im Leben wie in der Natur gilt es stets: Geduld, Ruhe und Übersicht zu bewahren. Nicht gleich – beim ersten Donner-geräusch oder kleinen Schmerz im Knie – die Nerven wegzuschmeißen. Lieber noch eine Pause einlegen, um bis zum Ende durchzuhalten. Wie schaffe ich es am besten mir die Kräfte gut einzuteilen? Was kann ich mir selbst zutrauen? Und: was nicht? So ein Wandertag kann einen ganz schön „weiterbringen“ – im wahrsten Sinne des Wortes... Die wunderschöne Terrasse am Baumgartnerhof mit herrlichen Panorama zum Faaker See und Villacher Becken, belohnt uns für alle Mühen. „Wir haben es geschafft!“. Und selten hat das Abendessen so gut geschmeckt, wie diesmal. Am Programm stehen nun zwei relativ „entspannte“ Etappen. Zudem nehmen wir ab dem dritten Tag den empfehlenswerten Gepäcktransport in Anspruch. Nur mit Tagesrucksack unterwegs zu sein, wird da fast schon zum Luxus. Weiter geht’s nach „Villach Warmbad“ und am Tag darauf nach Feistritz an der Gail. Auf zumeist ebener Strecke, jedoch mit einigen Wegekilometern, erfreuen wir uns des Wanderlebens. Ein erfrischender Sprung in den Faaker See, ein kurzes Schläfchen auf der Liege im idyllisch gelegenen Almgasthof Schütt (gute Suppen und wunderbare Säfte!), oder das wunderbare Gebäck der „Bäckerei Wiegele“ in Nötsch, geben der Weitwanderung nun eine besonders "geschmackvolle" Note. Wer sich anstrengt, sollte sich auch immer wieder belohnen. „Belohnung“ - das ist auch die komfortable Nächtigung im „Gasthof Alte Post“ in Feistritz. Die nächste Etappe führt uns schließlich wieder über die Grenze nach Italien - ins Bergdörfchen Valbruna. Was bedeutet Zeit? Nach fünf Tagen Wandern in der Natur, stellt sich eine gewisse innere Ruhe und Zufriedenheit ein. Jeder Tag, jede Etappe ist ein weiterer Meilenstein, am Weg zum Ziel. Es scheint, als würden sich die Sinne für die Umwelt schärfen: Man erkennt kleine Details im Wald, Walderdbeeren und Blumen leuchten auf, auch die Gedanken werden klarer. Zudem lernt man die Physis des eigenen Körpers besser kennen. Der Körper als Werkzeug (zum Gehen), auf den es gilt acht zu geben: Schließlich soll die Leistung auch am nächsten Tag erbracht werden. Der einzige Regenguss der ganzen Woche am Grenzübergang zu Italien, lässt uns Regenjacke und –hose anziehen. 10 Minuten, dann ist der Spuck vorbei. Anschließend genießen wir unsere Jause auf einem „Rastbankerl“ - mit Aussicht auf die romantische Alm „Prati de Bartolo“. Was braucht der Mensch mehr zum Leben... Bärengeschichten... Die letzten zwei Tage in Italien sollten eine kleine Wendung einnehmen. Schon im Bergsteigerdörfchen Valbruna sind uns die aus Holz geschnitzten Bären an Zäunen und Wänden der Häuser aufgefallen. Im „Valbruna Inn“, einem geschmackvoll und liebevoll geführten Haus und Quartier für diese Nacht, hören wir eine Reihe von Anekdoten und „Bärengeschichten“. Wir lernen auch den freundlichen Künstler Vittorio Paludetti, 81, (Foto rechts) kennen. Paludetti schnitzt diese und andere Tiere (Schmetterlinge, Wölfe, Schwalben...) für die Bewohner in Valbruna. Immer wieder ziehen Bären von Slowenien hier durch diese Region. Sie sorgen für Inspiration und Gesprächsstoff. Das Bewusstsein, nicht nur auf Spuren der Menschen und Zivilisation, sondern auch der Bären unterwegs zu sein, lässt ein intensiveres Gefühl, eine neue Perspektive für die Natur wach werden. Ohne allzu sehr zu romantisieren, stellt sich die Frage: Könnte durch die Präsenz der Bären in unseren Breiten, nur mit dem Gedanken zu wissen, dass wilde Tiere umherstreifen, mehr Bewusstsein, mehr Sensibilität für Natur und Umwelt erzeugt werden? Ein wenig Demut würde uns Menschen vielleicht ganz gut tun... Am Ende treffen wir schließlich wieder gesund und (nicht ganz) munter in Tarvis ein. Dort legen wir unser Gepäck ab, ziehen uns die Wanderschuhe aus und genießen den wahrscheinlich besten Eiskaffee Mitteleuropas... Erlebnisse. Begegnungen. Zufriedenheit. Wer zu Fuß geht, wer wandert, der findet neben besonderen Erlebnissen, auch einen intensiven Austausch: mit Menschen, die einem begegnen; mit Gedanken, die einen „weiterbringen“ können - und vor allem: mit der Natur, der Quelle allen Lebens. Die Drei Länder-Rundtour am Alpe Adria Trail hat aber noch einen weiteren Blickwinkel eröffnet. Nämlich: das Schöne liegt oft so nahe. Oft sogar nur ein paar Gehminuten von zu Hause entfernt. Man muss nur bereit dazu sein einfach loszugehen... Alpe Adria Trail DIE DREI LÄNDER-RUNDTOUR ...eignet sich hervorragend, um einen Einblick in Landschaften und Kulturen der „Alpe Adria Trail“-Länder - Österreich, Italien und Slowenien - zu gewinnen. Start/Ziel der Rundtour durch die Karnischen und Julischen Alpen kann an allen Etappen-Punkten individuell erfolgen. Empfehlenswert: der Gepäcktransport! Nur mit dem Tagesrucksack wird die Weitwanderung zum wirklichen Vergnügen...
Alpe Adria Trail-Packliste AUSRÜSTUNG & TIPPS - WANDERRUCKSACK idealerweise zwischen 25 – 38 Liter bzw. Tagesrucksack - FESTE, KNÖCHELHOHE WANDERSCHUHE (Tipp: Hanwag Tatra GTX) - ATMUNGSAKTIVE, WASSERABWEISENDE OUTDOOR-JACKE - 2 FUNKTIONS-SHIRTS - LEICHTER FUNKTIONS-PULLOVER - 2 x UNTERWÄSCHE - 2 PAAR SOCKEN - KURZE HOSE - REGENHOSE - LEICHTE MÜTZE - HANDSCHUHE (auch im Sommer!) - ZAHNBÜRSTE & ZAHNPASTA - SONNENCREME - SONNENBRILLE - REISEWASCHMITTEL - HEILCREME/PFLASTER (nach der Wanderung) - LEICHTER SCHLAFSACK (für Hüttenübernachtung) - STIRNLAMPE (zum Lesen am Abend) - FALTBARE TRINKFLASCHE (zwecks Leichtigkeit & Flexibilität) - WANDERSTÖCKE - FLIP FLOPS (super-angenehm am Abend)) - MÜSLIRIEGEL, TRAUBENZUCKER - WANDERFÜHRER - MAPS.ME-APP hat uns viele gute Dienste erwiesen: jeder Trampelpfad, jeder Forstweg, jede Scheune (zum Unterstellen!) ist eingezeichnet. Buch-Tipp: Alpe Adria Trail 184 Seiten / 111 Farbabbildungen 41 Höhenprofile, 41 Wanderkarten im Maßstab 1:75.000 Format 11,5 x 16,5 cm Erschienen bei: Rother Wanderführer Web-Tipp: www.alpe-adria-trail.com Vielen Dank an: Simona Tuti und Roland Oberdorfer für die tolle Zusammenarbeit! Fotos: Daniela Rottensteiner, Helmut Wolf Text: Helmut Wolf
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