Warum eine gesunde Natur unsere Welt rettet! Die aktuelle Krise als Chance nutzen für einen „globalen Neustart"! Davon sind die beiden preisgekrönten Naturreportage-Fotografen und Ökologen Christine Sonvilla und Marc Graf überzeugt: Das Start-Interview der Serie „#NaturSpüren“! „Rührt man an einem einzelnen Ding in der Natur, entdeckt man, dass es mit dem Rest der Welt zusammenhängt“ John Muir, Wildnisforscher & „Vater der Nationalparks“ Was kommt nach der Corona-Krise? Wie zukünftig weitertun? Einfach weiter so wie bisher? Mit noch mehr Konsum, noch mehr Ressourcenverbrauch, noch mehr CO2-Ausstoß? Weil: Die Wirtschaft muss wachsen... Muss das iPhone weiterhin aus China kommen? Das T-Shirt für 5 Euro um den halben Globus geschickt werden? Die Fernreise mit der Billigfluglinie gebucht werden? Und: Tiertransporte und Lebensmittel durch ganz Europa rollen oder aus Übersee importiert werden? Oder könnte unser System nicht mit deutlich weniger Aufwand und Ressourcen betrieben werden? Mit mehr lokaler Produktion, nachhaltig gestalteten Waren und Dienstleistungen sowie Produkten, die auf Langlebigkeit und Reparaturtauglichkeit ausgelegt sind? Bisher wurde Natur zumeist nur „genutzt“ - oder vielmehr ausgenutzt. In erster Linie um wirtschaftliche Interesse zu bedienen: Berge, Wälder, Seen, Landschaften, ja ganze Regionen und riesige (Anbau-)Flächen wurden und werden so umgestaltet und „angepasst“, damit Tourismus, Land- und Forstwirtschaft oder andere wirtschaftliche Interessen davon profitieren. Der Preis dafür ist ein hoher: Gletscher schmelzen, Dürreperioden und Wetterextreme nehmen weltweit dramatische Ausmaße an und die Klimakrise bringt das ökologische System zunehmend aus dem Gleichgewicht... Nachhaltiger Tourismus und naturnahe Arbeitsplätze. Aber: Es geht auch anders. Das zeigen beispielsweise die sechs Nationalparks in Österreich. Oder auch die „Bergsteigerdörfer“ des Alpenvereins, die einen sanften, überaus erfolgreichen Weg des Tourismus eingeschlagen haben. Auch in vielen anderen Ländern werden (Wildnis-)Gebiete unter Naturschutz gestellt, Nationalparks ausgeweitet, nachhaltiger Tourismus forciert. Verantwortung und Wirtschaft können im Einklang funktionieren - wenn das politisch und gesellschaftlich gewollt ist. Sind die Arbeitsplätze der Zukunft in naturnahen Bereichen angesiedelt? Werden Produkte nun vermehrt lokaler und nachhaltiger produziert und konsumiert...? Natur Spüren #1 Das Interview Im nachfolgenden Interview skizzieren die beiden Naturschutzbiologen und Fotografen Christine Sonvilla und Marc Graf mögliche Ansätze und (Wirtschafts-)Modelle, die in eine moderne, „naturverträglichere Zukunft" führen könnten. Liebe Christine, lieber Marc, es hat nur ein paar Tage gebraucht und die globale Wirtschaft ist zum Stillstand gebracht worden. Lockdown in allen Teilen der Welt. Wie beurteilt ihr diese Entwicklung? Marc: Es zeigt sich wieder einmal: Soziales und Wirtschaftliches kippt viel schneller, als die Natur... Christine: Genau, das trift die Sache im Kern. Was der Mensch in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hat, war: Sich immer mehr von der Natur zu entfernen. Stets geht es darum Technologie besser zu machen als die Natur, sich über die Natur zu stellen. Stichwort: „Bionik“. Das ist eine Form der Entkoppelung von Natur und Umwelt. Und auch jetzt ist die Reaktion der Politik einzig und alleine: Die Wirtschaft auf die Beine zu stellen. Finanzielle Verluste zu kompensieren. CO2-Pläne und Klimaziele drohen bereits über den Haufen geworfen zu werden... Darin sehe ich eine große Gefahr. Wenn wir uns weiter von der Natur entfernen, dann spüren wir nicht mehr, warum ein wilder Wald und eine gesunde Wiese so wichtig sind für unser Leben. Müssen wir jede Technologie so gestalten, um sie sofort in einen wirtschaftliche Kontext zu bringen? Der Mensch hätte die Kapazität und das Know-How um Einzigartiges zu schaffen, ohne Egoismus und Turbokapitalismus. Wir können auch anders, nachhaltiger. Wir sollten diese Krise als Chance nutzen. Marc: Die aktuelle Situation ist auch eine Analogie über das Gesundheitssystem: Vor der Coronakrise hat es geheißen, das Gesundheitssystem sei zu teuer, zu schwerfällig usw. Jetzt zeigt sich: Wir brauchen diesen Gesundheitsapparat umso mehr. Die Natur bildet auch ein Sicherheitsnetz, wie man jetzt beobachten kann: Wenn da ein Rädchen kaputt ist, stürzt das gesamte System. Aber: Die wahre Herausforderung ist der Klimawandel. Jedoch: Den Klimawandel bewältigt man nicht mit einen instabilen Ökosystem. Deshalb ist es für mich umso wichtiger, nicht nur die Wirtschaft zu retten, sondern auch die Natur! Die Frage ist: Wer setzt sich zukünftig durch? Goldmann Sachs, Trump & Co. oder die engagierte Zivilgesellschaft und Wissenschaft? Marc: Die Coronona-Krise ist vielleicht nicht stark genug, um das gesamte System zu ändern. Aber: Viele Menschen ergreifen jetzt diesen Hoffnungsschimmer. Es wird wahrscheinlich keinen weiteren Jahrhundertmoment in dieser Dimension mehr geben, um etwas zu verändern. Die menschliche Welt läuft momentan auf halbem Tempo, und dennoch – es funktionieren alle wichtigen Bereiche: Lebensmittelproduktion, Energie, Gesundheit usw. Welche Erkenntnis zieht man daraus? Es geht auch mit weniger! Die Menschheit wird hoffentlich daraus etwas lernen... Christine: Es ist die Zeit der Zivilgesellschaft. Motto: Jetzt müssen wir alle was tun! Wir sind alle Menschen, mit dem Ziel gut zu Leben. Es geht darum, dass wir die vielen Stimmen vereinen und die Bevölkerung zum Hauptentscheider der Zukunft machen. Die Natur ist dabei die Basis von allen. So lange wir lethargisch bleiben, wird nichts passieren. Geht es da nicht um grundsätzliche Fragen: Was ist uns wirklich wichtig? Was brauchen wir zum Leben? Christine: Ja, wir müssen uns alle fragen: Wohin soll unsere Gesellschaft gehen? Das ist jetzt eine Chance. Wir sollten alles hinterfragen und neu ordnen. Diese Möglichkeit sollten wir nutzen. Dazu braucht es eine gesellschaftlichen Zusammenhalt und gemeinsamen Nenner. Marc: Die Coronakrise schüttelt unser System durch. Es zeigt sich, dass unsere Strukturen doch nicht so krisensicher sind, wie immer versichert wird. Es geht aber auch um den Wert der Natur: Wie wollen wir der Natur weiterhin begegnen? Wenn wir am System der High-Speed-Wirtschaft festhalten, wird uns das in den Abgrund führen. Christine: Wir Menschen sind in ein Netzwerk eingewoben. In ein Ökosystem. Überspitzt formuliert: Wir können nicht ohne Natur, aber Natur kann ohne uns schon... Wie könnte man Menschen mit wenig Naturkontakt den Wert der Natur Nahe bringen? Christine: Natur braucht jeder Mensch. Dieses gemeinschaftliche, globale Empfinden gilt es zu Erwecken. Natur verbindet uns alle. Wir merken das gerade in Zeiten der Quarantäne und Selbstisolation: Jeder will „rausgehen“! In den Park, in den Wald, in die Natur – das ist ein menschliches Grundbedürfnis. Im Wald fühlen wir uns wohl. Ein Spaziergang im Grünen ist immunstärkend und gesund. Ebenso ist „wilde Natur“ nicht gefährlich oder „lauert auf uns“. Es geht um das Bewusstsein und den respektvollen Umgang mit Natur, Wildnis und unserer Umwelt. Natur lässt einem zu sich selbst finden. Dabei geht es auch um grundsätzliche Fragen: Was ist da, wenn nichts da ist? Um was geht es im Leben? Geht es nur um Geld , um höher, schneller, weiter zu kommen...? Viele können Stille und Ruhephasen, die einem die Natur schenkt, gar nicht ertragen. Weil wir gewohnt sind ständig von Lärm und Aktivität abgelenkt zu werden. Bringt uns diese Ausnahmesituation zu grundsätzlichen Fragen des Lebens? Marc: Die Pandemie führt uns zu zwei wesentlichen Elementen: Zu Solidarität und Gerechtigkeit. Solidarität bedeutet: „Bleibt zuhause, dann schützt ihr alle andern“. Und Gerechtigkeit heißt: Keiner braucht Hunger zu haben, wir sorgen für Euch. Auch der Natur muss man solidarisch und gerecht begegnen, sonst stirbt sie. Jeder Einzelne ist Teil des Ganzen, auch wenn er in der Großstadt lebt... Alles kommt aus der Natur! Alles was ich konsumiere, gibt es nur, weil es da draußen Natur gibt. Natur und Mensch sind eins. Christine: Wir müssen uns in allen Lebensbereichen verändern. Vieles ist lebens- und umweltzerstörend. Und nur weil etwas Profit verspricht oder ein höherer Aktiengewinn ausschüttet wird, ist es nicht gleich gut. Das zeigt das Beispiel Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft. Die industrialisierte Landwirtschaft ist ein pervertiertes, ausbeuterisches System, mit viel Chemie und Umweltzerstörung. Und ständig wird mit den vielen Arbeitsplätzen argumentiert. Die „grüne Revolution“ hat aber nicht funktioniert! Das müssen wir ändern. Weil die Wirtschaft wachsen muss... Christine: Es hat sich ausgewachsen (lacht). Es gibt unendlich vielen Studien, die das Mantra vom unendlichen Wirtschaftswachstum schon lange wiederlegen. Wirtschaft funktioniert auch ohne viel Wachstum, aber davon profitieren eben nicht die Eliten. Wenn Milliarden Menschen sagen, wir kaufen nicht mehr soviel, oder nur qualitätsvolle, nachhaltige Produkte, dann wird sich das ändern. Wie wird es Eurer Meinung nach in Zukunft weiter gehen? Marc: Wir müssen alles runterschrauben. Es muss nicht so schnell und so viel sein. Das zeigt sich gerade jetzt: Wir können nicht soviel fliegen, nicht massig konsumieren - und trotzdem funktioniert unser Leben. Statt in große Handelsbewegungen zu investieren, gilt es lokale Projekte zu stärken. Und: Eine in Scherben liegende Wirtschaft hat die Chance sich neu zu strukturieren. Denn: Weiter wie bisher, wäre der Weg in die Klimakatastrophe. Christine: Es geht sehr viel, und das in kurzer Zeit. Das zeigt sich jetzt, wie schnell die Natur sich erholt. Marc: Wir müssen nicht zwingend in die Ferne reisen. Der Wald in der Nähe, der See und die Berge der Umgebung sind immer da – und das bleiben sie auch. Christine: Derzeit hält uns die Angst vor Veränderung ab Dinge anders, besser zu machen. Weil wir uns das nicht vorstellen können. Wir sollten aber über unseren eigenen Schatten springen und uns zutrauen, dass alles besser werden kann. Marc: Und wenn sich die Natur erholt, dann kommen Wolf und Luchs von ganz alleine wieder zurück. Davor brauchen wir uns nicht zu fürchten(lacht)... Danke für das interessante Gespräch! Interview: Helmut Wolf Natur Spüren Think New – Think Nature Wald, Wiese, Berg, Fluss, Tal, Vogel, Biene, Reh. Der Wind, der Regen, die Stille, das Rauschen... Die Serie „Natur spüren" von LebensKonzepte.org dokumentiert natürliche Lebensräume und „echte Wildnis". Bär, Luchs, Wolf & Co. als Botschafter einer gesunden Umwelt: Die Serie macht „spürbar“ warum intakte Natur und Wildnis lebensnotwendige Eckpfeiler für unser Überleben sind. Natur als Garant der Klimastabilität und des ökologischen Gleichgewichts. Angesichts globaler, mikrobiologischer Ereignisse und weitreichender Auswirkungen der Klimakrise, spielen Wildnis- und Schutzgebiete eine zentrale Rolle für die Zukunft des Planeten. „Wildes Land", wo Pflanzen- und Tierarten natürlich gedeihen und heranwachsen können, als Beispiel einer nachhaltigen Wirtschaftsweise und Lebenskultur. Dies gilt es zu vermitteln und in die Mitte der Gesellschaft zu bringen... #Think New #ThinkNature Web-Tipps:
www.nationalparksaustria.at www.bergsteigerdoerfer.at http://sonvilla-graf.com Fotos: Christine Sonvilla, Marc Graf
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