Mit dem Handy die Welt retten? Wenn schon immer mehr Smartphone-Nutzung, dann auch etwas für das Gemeinwohl tun, meint Digitalisierungs-Experte Konrad Lischka. Anregende Thesen zur besseren Online-Nutzung... Der Handy-Klingelton läutet Morgens. Aufstehen und - Handy zur Hand: Wetter checken, Nachrichten lesen, durch Social Media-Neuigkeiten scrollen, zwei Nachrichten senden, Radio-App an. Dann: die Öffi-App mit den Abfahrtszeiten kontrollieren, der WhatsApp-Gruppe antworten und einen kurzen Blick auf die Bank-App. Nun erst folgt eine Tasse Tee oder Kaffee und der Weg ins Badezimmer... Der alltägliche Ablauf des durchschnittlichen Smartphone-Nutzers. Fast 220 Mal Mal pro Tag greift der Durchschnitts-Benützer zum Smartphone. Pro Woche sind das etwa 1.500 Mal. In Zeit gerechnet: rund 3 Stunden pro Tag Smartphone-Zeit - also jede Woche 21 Stunden. Fast einen ganzen Tag in der Woche beschäftigen wir uns mit dem Smartphone. Dies belegt eine Studie der britischen Marketing-Agentur „Tecmark“ mit 2.000 Smartphone-Nutzern. Ganz schön viel Lebenszeit, die wir zumeist für Chats, Postings, Videos und Spiele aufbringen. Wie wäre es, die „Smartphone-Zeit“ auch sinnstiftend zu nutzen? Wie können wir das Smartphone zu unserem Vorteil nutzen? Diese und andere Fragen zur anwachsenden Online- und Handy-Nutzung, stellt sich auch Konrad Lischka. Der deutsche Journalist und Schriftsteller arbeitet als Projektmanager im Bereich Digitalisierung bei der Bertelsmann Stiftung. Und er ist Autor des spannenden Essays „Das Netz verschwindet“. Was wie eine Anklage gegen die zunehmende Digitalisierung klingt, ist vielmehr eine positive Anregung und ein Aufruf für das „freie Netz“ der Menschen. Mit dem Ziel: das Gute des Einzelnen und der Gesellschaft zu stärken. 10 Minuten für ein gemeinnütziges Mitmach-Projekt. „Noch nie haben so viele Menschen (...) Smartphones genutzt. Was für großartige Wissensspeicher, Landkarten, Recherchen, Übersetzungsarbeiten, Programme, Analysen und Debatten könnten entstehen, wenn jeder einzelne S-Bahn-Fahrer 10 Minuten seiner täglichen Smartphone-Zeit für ein gemeinnütziges Mitmach-Projekt nutzen würde“, regt Digitalisierungs-Experte Lischka an. Jenes ungenutzte Potenzial, dass die meisten Smartphone-Nutzer für sinnlose Spiele oder planloses Surfen und Chatten verschwenden, könnte für soziale Vielfalt, gute Ideen und innovative Lösungen aufgewendet werden. Facebook, Google, WhatsApp, Youtube... Trotzdem, dass so viele Menschen heute im Internet surfen, so wenig bringe es die „Vielfalt der Quellen, Dienste und Anbieter“, stellt Internet-Experte Lischka fest. Schon 2015 fiel die Hälfte des „Webtraffics“ auf Netflix, Youtube, iTunes und Facebook zu. Die Mehrheit der Nutzer verwendet generell nur fünf, sechs Plattformen der Datengiganten - und das schadet der Vielfalt und Offenheit im Netz, ist Konrad Lischka überzeugt: „Einen alternativen Chat-Anbieter zu finden und seine Freunde einzuladen – das alles braucht etwas Zeit, aber dafür gewinnt man Wissen, Autonomie und Unabhängigkeit - auch wenn WhatsApp schneller installiert ist.“ Blogs, Magazine, Diskussionsplattformen schaffen Vielfalt. Sich einen breiten Fundus an interessanten Blogs, Magazinen und Diskussionsplattformen - entsprechend den eigenen Interessen - zuzulegen, würde die Vielfalt und eigene Kontrolle ungleich größer machen, als sich Nachrichten lediglich von Facebook empfehlen zu lassen, sagt Autor Konrad Lischka: „Möglichst schnell möglichst viele Hunderte Millionen Nutzer erreichen – dieses „Reichweiten-Dogma“ - schadet der Vielfalt im Netz. Denn, um größtmögliche Reichweite zu erzielen, versuchen alle Plattformen, genau das zu bieten, was die anderen auch schon bieten...“ „Wir können etwas daraus machen – wenn wir nur wollen. Die Netzinfrastruktur ist offen und frei,“ bricht Konrad Lischka eine Lanze für das „offene Netz der Gesellschaft“: Selbstbestimmung, Selbstorganisation, Dezentralität, Offenheit, das Internet mache es leicht, bestimmte Ideale zu leben, glaubt der Autor. Und liefert dazu einige gute Tipps. Konrad Lischkas Thesen für eine bessere Smartphone- und Internet-Nutzung: „Sehen Sie das Netz als gesellschaftliches Projekt Entscheiden Sie, welche Werte Ihnen wichtig sind. Gestaltet sie mit bei Wikis, Blogs, Gemeinschaften. Dadurch erweitern Sie Ihren Horizont... - Dezentralisierung fördern Lassen Sie sich Hinweise zu interessantem Journalismus nicht nur von einer Plattform, sondern von Menschen geben. Beispielsweise von: liesmich.me oder weeklyfilet.com - Alternativen suchen und nutzen Bevor Sie sich für Software, Hardware oder Online-Dienste entscheiden, denken Sie jeweils darüber nach, wer sie gestaltet hat, welche Ziele er verfolgt und was es für andere Möglichkeiten geben könnte, Ihrem Anliegen zu entsprechen. Gute Alternativen: E-Mail-Dienstleister mailbox.org Die Suchmaschine duckduckgo.com Der Cloud-Anbieter owncloud.org - Das Internet bereichern Das wohl bekannteste Alternativmodell ist: "Wikipedia“. Melden Sie sich bei ihr an, machen Sie mit! Es gibt nur wenige nichtkommerzielle, kollaborative Wissensspeicher wie diesen. Auch interessant: freifunk.net (freie Software, freies Netz) und openstreetmap.de (gute Karten, Navi...) - Strategischer Konsum hilft Wenn Ihnen Vielfalt im Netz wichtig sind, nutzen und fördern Sie Alternativen. Damit ein offenes Angebot im Netz gedeiht, braucht es manchmal nur ein paar Tausend gut organisierter Aktiver, beispielsweise bei NGO-Plattformen wie: digitalegesellschaft.de, fsfe.org, edri.org oder wikimedia.de" Fazit: „Sie werden tolle Menschen kennenlernen und schöne Dinge erleben, wenn Sie das Netz mitgestalten“, ist sich Konrad Lischka sicher. Beginnen sollte man damit schon in der Schule: „Eine Welt, in der Kinder in der Schule lernen, wie man selbst das Netz gestaltet, ergänzt, erweitert und dabei im Team mit anderen arbeitet? In der Schüler im Unterricht lernen, wie Wikipedia entsteht und was sie dazu beitragen können... Schön wär’s“. Die Zukunft im Internet liegt ganz in unserer Hand – und am Smartphone... Lese-Tipp: „Das Netz verschwindet - Das offene Internet, seine Gegner und wir“ Von: Konrad Lischka 22 Seiten E-Book: erschienen bei „Hanser Box Fotos: davidebonazzi.com (Titel), coolmomtech.com, techgenyz.com, taif Text: Helmut Wolf
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