Reden, Lachen, Zocken - Lesen. Die Zentralbibliothek „Dokk1“ im dänischen Aarhus definiert die Zukunft des (digitalen) Medienkonsums. Im Zentrum der „Open Library“ steht der Mensch, Bücher rücken in den Hintergrund. „Eine Bibliothek braucht kein Fenster, eine Bibliothek ist ein Fenster“ Stewart Brand Reparatur-Café, Schreibwerkstatt, ein Hacker-Treff, 3D-Drucker, Tonstudios. Kinder können auf digitalen Fußballplätzen spielen und an Konsolen zocken, während ihre Eltern beim Bürgerservice ihren Pass verlängern oder eine neue Wohnung anmelden. Es wird gelacht und geplaudert. Was klingt wie eine Mischung aus Erlebniswelt und modernen Amtshaus, ist das Basiskonzept der Zentralbibliothek „Dokk1“ im dänischen Aarhus. Statt Bibliothek, sprechen die Betreiber aber lieber vom „Urban Mediaspace“. Freier Zugang zu Information, Inspiration, Lernen und Entertainment. So lässt sich im Wesentlichen die Kernphilosophie dieses besonderen Bibliotheken-Projekts in der zweitgrößten Stadt Dänemarks umschreiben. In einer Zeit, wo immer weniger Menschen Bücher ausleihen und der Konsum digitaler Medien anwächst, braucht es neue Ansätze. Der futuristisch erscheinende Gebäudekomplex „Dokk1“ am Hafen von Aarhus scheint die richtige Mischung aus Kommunikation, Erlebnis und Information gefunden zu haben. Immerhin 100 Millionen Euro hat sich die Stadt dieses „urbane Medienhaus“ kosten lassen. Bibliothek muss mehr bieten als Internet. „Eine Bibliothek muss heute etwas bieten, was im Internet nicht zu finden ist, sonst hat sie keinen Sinn mehr“, ist sich Knud Schulz, Chef der Zentralbibliothek in Aarhus, sicher. Viele Menschen tragen heute ihre Bibliothek am Smartphone in der Hosentasche bei sich, da braucht es mehr als die klassische Bibliotheksszenerie zwischen Bücherregalen und Leseecke. Das Konzept der Zukunft nennt sich hier: „Open Library“ und entspricht ganz dem offenen und kreativen Geist der Sharing- und Teilkultur im Netz. Viel freie Fläche, gemütliche Sitzecken... Gleich im Eingangsbereich der Bibliothek empfängt dem Besucher ein weitläufiges, einladendes Foyer, wo sich eine Reihe von großen Flachbildschirmen befinden, die über das Veranstaltungsangebot informieren und zum Internet-Surfen einladen. Was in diesem 18.000 m2 großen Gebäude in erster Linie besonders dominiert, ist: viel freie Fläche, hohe Panoramafenster mit Meerblick, gemütliche Sitzecken und genügend Platz zum Herumlaufen für Kind und Kegel. Das Konzept zeigt deutlich: hier steht der Mensch im Mittelpunkt. Die Hälfte der Bibliotheksfläche ist „unverplanter“ Raum. Hier können Gruppen - kostenlos - getrennte Bereiche mieten und kleine Veranstaltungen und Events abhalten. Die Menschen, sprich die Besucher, sollen sich wohlfühlen, kommunizieren und gemeinsam etwas (Kreatives) tun. Es geht um das Zusammenkommen, um das Zusammenfinden – die Bibliothek avanciert zum Begegnungsort. Lesen ist dabei nur eine Option von vielen. Seit der Eröffnung im Vorjahr hat sich die „Open Library“ am Ende der Fußgängerzone von Aarhus zum Treff für Jung und Alt, für Kreative und Normalverbraucher entwickelt. Nachhaltiges Design. Sowohl das Design der Zentralbibliothek als auch alle technischen Lösungen sind nachhaltigen Baukriterien untergeordnet. Es gibt natürliche Schatteneffekte im Sommer, und im Winter wenig Wärmeverlust, weil die kompakte Form der Gebäudehülle eine relativ kleine Fläche bietet. Am Dach wurden rund 2.500 m2 Solarpanelle zur autarken Energiegewinnung verlegt, das Meerwasser dient der Kühlung des Gebäudes. Auch an Anforderungen, wie dem minimierten Geräuschpegel und Nachhalleffekte in den hohen Räumen, wurde gedacht. Für die Planung verantwortlich war das dänische Büro „Schmidt Hammer Lassen Architects“, die Bibliotheken auf der ganzen Welt gestalten. Ja, und Bücher gibt es auch in der Bibliothek. Und gar nicht so wenige: rund 200.000 Bücher findet man im Dokk1, jedoch eher in Nebenräumen und –bereichen. „Wir wollen die Besucher dazu bringen Bücher nicht mehr als typisches Erkennungsmerkmal einer Bibliothek zu sehen“, betont Bibliotheks-Chef Knud Schulz die innovative Philosophie. Es soll ein Ort des Austauschs, ein Symbol für die Wissensgesellschaft und kreative Zusammenarbeit sein. Mit dem Dokk1 scheint das auf jeden Fall gelungen zu sein... Web-Tipps: www.dokk1.dk www.urbanmediaspace.dk Fotos: urbanmedia.dk, skolsekak.wordpress.com, setybus.com, Adam Mork Quelle: Die Zeit Text: Helmut Wolf
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