Nie wieder fliegen? Nicht nur Klimaaktivistin Greta Thunberg hat dem Fliegen ab-geschworen. Das globale Netzwerk „Stay Grounded“ setzt sich für eine Verringerung des Flugverkehrs und den Umstieg auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel ein! + Anleitung: 7 Schritte zu mehr Bodenhaftung! Wenn Greta Thunberg unterwegs ist, in andere Städte und Länder, dann dauert das. Denn, die Klimaaktivistin und wohl bekannteste 16-Jährige der heutigen Zeit, fliegt nicht. Sie nimmt den Zug. Auch wenn sie von Schweden zum Weltwirtschaftsforum nach Davos in die Schweiz fährt - 32 Stunden mit dem (Nacht-)Zug. Oder wenn sie von Rom nach London, von Stockholm nach Wien fährt... Die Schwedin Thunberg will Vorbild sein. Denn: eine der zentralen Forderungen ihrer „Fridays for Future“-Bewegung ist: die Einschränkung des Flugverkehrs. Nicht ohne Grund: Das Flugzeug, belegen Studien, ist und bleibt das klimaschädlichste Transportmittel... Flugscham“ in Schweden. „Ich liebe Bahn fahren“, sagt Thunberg. Nicht nur des Klimas wegen, aber auch. Beim Fliegen habe sie das Gefühl den Tag damit zu verbringen, ständig irgendwo anzustehen. „Allein schon das Abtasten in der Sicherheitskontrolle, beispielsweise zwischen den Brüsten und am Arsch, bereitet mir schlechte Laune“, so ihre launige Aussage. Thunberg setzt sich an vorderster Front für ein stärkeres Klimabewusstsein ein. Sie fordert, dass weniger über den Klimawandel geredet, sondern mehr gehandelt wird - und das macht sie. Auch habe sie schon erreicht, dass ihre Eltern vor einigen Jahren mit dem Fliegen aufgehört haben, sagte sie in einem Interview. In Schweden hat sich mittlerweile das Wort „Flygskam" etabliert, was so viel bedeutet wie „Flugscham“... Der Lufttransport ist alleine in Deutschland für 45 Prozent der Klimafolgen des Verkehrs verantwortlich. Der Verkehr auf der Straße für 46 Prozent. Zum Vergleich: Öffentliche Verkehrsmittel kommen auf sechs Prozent.Dies belegen Studien des „Centers for International Climate and Environmental Research“ (Cicero) im norwegischen Oslo und „Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse“ (IIASA) in Österreich. „Ein Flug der Familie von Düsseldorf nach Mallorca verursacht etwa so viele Emissionen, wie ein Jahr lang Auto fahren", sagt Martin Cames vom Öko-Institut in Berlin. Cames Schlussfolgerung: Fliegen müsse teurer werden. Dafür muss der Staat sorgen. Die Flugabgabe ist beispielsweise in Österreich sehr niedrig: für Kurzstreckenflüge sind es gerade einmal 3,50 Euro pro Ticket. Tickets sind zudem von der Mehrwertsteuer befreit. Und: Airlines zahlen für ihr Kerosin keine Mineralölsteuer, ganz im Gegensatz, wenn ein Autofahrer tankt... „Stay Grounded“. Seit einigen Jahren setzt sich die internationale Plattform „Stay Grounded“ für eine „Reduktion des Flugverkehrs und ein gerechtes Transportsystem“ ein. Um ein „enkeltaugliches Reisen“ und eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen, fordert das NGO-Netzwerk: „Ein Ende der Abhängigkeit von umwelt- und klimaschädlichsten Transportarten sowie eine Verlagerung auf umweltfreundliche Alternativen“. Gerade Kurz- und Mittelstreckenflüge sollten demnach mit Bahninfrastruktur auf die Schiene verlagert werden. Andernorts auch auf Busse. Alternativ sollte eine „Wirtschaft der kurzen Wege“ forciert werden - mit wenig langen Transportwegen. Dagegen sollte es eine Stärkung lokaler Wirtschaftskreisläufe und einer neuen „Slow Travel“-Kultur geben... Greenpeace ist eines jener Unternehmen, das sich dem Ziel verschrieben hat, Dienstreisen per Flugzeug möglichst zu vermeiden. Vor allem Kurzstreckenflüge. „Innerhalb Deutschland gibt es die klare Ansage: Wir fliegen nicht", sagt Benjamin Stephan von Greenpeace Deutschland. Dauert die Zugfahrt zum Zielort länger als acht Stunden, dürfen auch Greenpeace-Mitarbeiter ganz offiziell in ein Flugzeug steigen. Viele seiner Kollegen nehmen aber trotzdem die Bahn, sagt Stephan. Die Reiserichtlinien sollen in Zukunft noch weiter verschärft werden. „Natürlich schlafe ich zu Hause komfortabler", erzählt Stephan über eine Dienstreise von Deutschland nach Rom - mit dem Nachtzug. Doch im Zug könne er die Zeit gut nutzen, um zu arbeiten oder auszuruhen... „Am Boden bleiben“ nennt sich jene Initiative aus Deutschland, die ebenfalls Teil des globalen NGO-Netzwerkes “Stay Grounded” Bewusstseinsarbeitet in der Öffentlichkeit leistet: „Ein Flug von Frankfurt nach San Francisco lässt rund fünf Quadratmeter Eis schmelzen – pro Passagier“, so die Betreiber der Initiative. „Das gefährdet Ökosysteme und Menschenleben“. Dabei gehe es aber nicht darum, das Fliegen komplett abzuschaffen, wird betont. „Wir setzen uns für grundlegende strukturelle und gesellschaftliche Veränderungen zur Reduktion des Flugverkehrs ein – das schließt auch mit ein, dass die aktuell von vielen Menschen gelebte Hypermobilität zukünftig nicht mehr möglich sein wird“, so die Aussage. Die Zahl der Flüge ist in der EU seit 2014 um 20 Prozent gestiegen. Die CO2-Emissionen haben im selben Zeitraum um zehn Prozent zugelegt. Prognostiziert wird eine Zunahme des Flugverkehrs bis zum Jahr 2040 um 42 Prozent. Verdeutlicht man sich ein wenig die Ergebnisse des „Europäischen Luftfahrt-Umweltberichts“, wird einem rasch klar: Umdenken und „umsteigen“ ist angesagt! Soll die Welt auch in Zukunft lebenswert bleiben, so braucht es neue Wege – der Mobilität und des Lebensstils! „Die coolsten Vögel bleiben am Boden“,lautet das humorvolle Motto der NGO-Plattform Am-Boden-bleiben. „Die Pinguine haben‘s verstanden – sie bleiben am Boden...“ AM BODEN BLEIBEN 7 SCHRITTE ZU MEHR „BODENHAFTUNG“ 1. EIN GERECHTER ÜBERGANG Ein Ende der Abhängigkeitvon den umwelt- und klimaschädlichsten Transportarten, die von einer globalisierten Wirtschaft angetrieben werden, ist dringend nötig. Statt Privatisierungen braucht es: klimafreundliche, lokale Initiativen, gute Arbeitsbedingungen, Gemeineigentum und demokratische Rechenschaftspflicht. 2. EINE VERLAGERUNG AUF ANDERE VERKEHRSMITTEL Es müssen klimaschädliche Arten des Transports durch umweltfreundlichen Alternativen ersetzt werden. Bei Zügen ist nicht zwingend Hochgeschwindigkeit erforderlich. Reisemöglichkeiten (auch mit Schiffe &Fähren) bei Tag und Nacht sollten aber attraktiv, erschwinglich - und mit erneuerbaren Energien angetrieben sein. 3. EINE WIRTSCHAFT DER KURZEN WEGE Gütertransport ist für einen bedeutenden Anteil von Treibhausgasemissionen verantwortlich. Anstatt sein Volumen wie geplant bis 2050 zu verdreifachen, muss die Nachfrage nach Gütern mit langen Transportwegen verringert und lokale Wirtschaftskreisläufe gestärkt werden. 4. ANDERE LEBENSWEISEN ERMÖGLICHEN Maßlose Flugreisen – privat oder beruflich - sollten nicht weiterhin als „normal“ gelten. Ferienreisen können in der Regel in der lokalen Region oder Mithilfe langsamerer Verkehrsmittel durchgeführt werden. Viele Dienstreisen könnten durch Videokonferenzen ersetzt werden. Fernreisen, Wochenendreisen mit dem Flugzeug oder Massentourismus, der lokale Kulturen und Ökosysteme gefährdet, sollte in Frage gestellt werden... 5. LAND- UND MENSCHENRECHTE Um die von der Luftfahrtindustrie verursachte Enteignung oder ökologische Zerstörung aufzuhalten, müssen Rechte lokaler Gemeinschaften, Bauern über ihr Land und ihre Gemeingüter anerkannt und respektiert werden. In der Umgebung von Flughäfen muss anhaltender, gesundheitsschädigender Fluglärm eingeschränkt werden. 6. KLIMAGERECHTIGKEIT Um Klimagerechtigkeit zu ermöglichen, braucht es weit mehr als nur rechtliche Schritte: Es braucht Gesellschaftssysteme, in denen das „gute Leben für alle“ im Zentrum steht. Dies umfasst: die Gerechtigkeit zwischen allen Menschen – jetzt und für zukünftige Generationen, sowie den Einsatz gegen Rassismus, und jegliche andere Form von Diskriminierungen. 7. ENTSCHLOSSENES POLITISCHES HANDELN Um die globale Erwärmung unterhalb von 1,5° Celsius zu halten, und fossile Brennstoffe im Boden zu lassen, braucht es verbindliche und durchsetzbare Regeln. Emissionen aus dem internationalen Flugverkehr müssen Teil der nationalen Reduktionsziele im Rahmen der „Klimarahmenkonvention der Vereinten Nation“ (United Nations Framework Convention on Climate Change – UNFCCC) sein. Auf allen Ebenen – lokal, national, und regional – sind verbindliche Zielsetzungen, Transparenz und demokratische Teilhabe erforderlich. Web-Tipps: www.ambodenbleiben.de www.stay-grounded.org Fotos: Witanddelight, Utopia, Greta Thunberg, Quellen: Der Spiegel, Der Standard, Stay Grounded Text: Helmut Wolf
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