Sie helfen autistischen Kindern, machen im Supermarkt Inventur und führen religiöse Zeremonien aus. Sie agieren als digitaler Hausarzt und Feldroboter bei der Ernte. Digitalisierung und Corona-Pandemie beschleunigen die Entwicklung von Robotern und künstlicher Intelligenz (KI). Welche Chancen, welche Risiken, bieten Roboter uns Menschen? Vidal Pérez mag seinen neuen Kollegen. Sieben Jahre lang erntete der 34-Jährige für den Landwirtschaftsbetrieb „Taylor Farms“ im US-Staat Kalifornien Salatköpfe. Er benutzte ein langes Messer, um Salat zu schneiden. Tagein, tagaus, bückte er sich stundenlang, schnitt hunderte Römer- und Eisbergsalate ab, scherte unvollkommene Blätter ab und warf sie am Ende in einen Behälter. Seit 2016 wird der Salat nun von einem Roboter geschnitten. Genauer gesagt: Von einer achteinhalb Meter großen, traktorähnlichen Erntemaschine. Diese erkennt den Salatkopf durch den Hochdruckwasserstrahl und einem Sensor, schneidet den Salatkopf ab und bewegt sich stetig die Feldreihen hinunter.... Der abgeschnittene Salat des Roboters fällt auf ein schräg verlaufendes Förderband, das ihn auf die Plattform der Erntemaschine befördert, wo ein Team von etwa 20 Arbeitern ihn schließlich in Behälter sortiert. Taylor Farms investierte als einer der ersten Agararunternehmen in den USA in Feldroboter. „Wir erleben gerade einen Generationen-wechsel in der Landwirtschaft“, sagt Mark Borman von Taylor Farms. Ältere (Feld-)Arbeiter gehen, die Jungen wollen die schwere Knochenarbeit nicht mehr auf sich nehmen. „Roboter sind da eine Alternative, von der beide Seiten profitieren“, so Agrarunternehmer Borman. In der Landwirtschaft, im Krankenhaus. Im Warenlager, beim Sicherheitsdienst oder am Bau. Bei Schlaganfallpatienten, via Doc-App und Telemedizin oder als Sexualpartner. Die Automatisierung, Robotisierung und Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche. Millionen von Industrierobotern verrichten täglich weltweit monotone Fließbandarbeiten. Der technologische Trend beschleunigt besonders die Entwicklung von automatisierten Systemen: Von der Selfservice-Kassa im Supermarkt, über das Home Office bis zum Online-Handel, der Übersetzungs-App und Carsharing-Nutzung. Künstliche Intelligenz am Handy ist Bestandteil unseres täglichen Lebens - und wird auch die Arbeitswelt verändern... „Der Arbeitsplatz der nahen Zukunft wird ein Ökosystem aus Menschen und Robotern sein, die zusammenarbeiten, um die Effizienz zu maximieren", sagte Ahti Heinla, Mitbegründer der Internet-Anrufplattform „Skype“. Seine sechsrädrigen, selbstfahrenden Lieferroboter für Lebensmittel in Hamburg, Milton Keynes (England) und anderen Städten Europas und den USA, sind inzwischen ein vertrauter Anblick. Können digitalisierte Tools und Roboter ,,nützliche Arbeit“ leisten, ohne dass sie Menschen Jobs wegnehmen? Faktum ist: Schon heute leisten Roboter vielfach menschliche Arbeitsleistung, ohne dass es uns oftmals bewusst ist. Von der Online-Bestellung bis zur Zubereitung im Fastfoodrestaurant... Wir haben uns an künstliche Intelligenz gewöhnt, die wir (via Handy) mit uns herumtragen können“, sagt Manuela Voloso, KI-Roboterexpertin an der Carnegie Mellon University in der US-Stadt Pittsburgh. „Jetzt müssen wir uns an künstliche Intelligenz gewöhnen, die einen Körper hat und sich ohne uns umherbewegt“, so Veloso. „Sichtbar“ werden Roboter in immer mehr Gesundheitseinrichtungen und Spitälern, wo die „technischen Helferleins“ Material holen, Laborproben ausliefern oder schmutzige Bettwäsche wegbringen. Als „Assistenzroboter“ im Pflege- und Seniorenbereich, als ferngesteuerte, „robotorische Avatare“ bei aggressiven Viren oder giftigen Stoffen. Oder auch bei der medizinischen Rehabilitation, wo „Exoskelette“ (Roboteranzüge) Menschen mit Einschränkungen unterstützen und mobilisieren können... Trotz des Optimismus von Forscher und Start-Ups - viele Menschen machen sich große Sorgen um Arbeitsplätze und das soziale Zusammenleben. Gerade in den USA wird der „Konkurrenzkampf“ am Arbeitsmarkt zwischen Roboter und Menschen - anhand von Arbeitslosenzahlen und psychischen Krankheiten - immer deutlicher. In Europa, belegen Studien, ist die Stimmung weniger pessimistisch. Hier wird der Arbeitskräftemangel in der Pflege und im IT- und Facharbeiter-Bereich als ernsthaftes Problem gesehen. Viele europäische Unternehmen setzen Roboter ein, um ihre Mitarbeiter zu entlasten – und zu halten... Wie auch immer unsere Zukunft aussieht, eines ist schon heute klar: Es wird eher mehr als weniger Technologie geben. Smartphone, Apps und digitale Tools werden unser Leben, unsere Gesundheit und Arbeitswelt maßgeblich beeinflussen. Die Frage ist nur: Wie wollen wir sie einsetzen? Und welche Aufgaben sollen Siri, Alexa und Roboter zukünftig von uns Menschen übernehmen? Wo liegen die ethischen Grenzen? Fazit: Roboter mögen hilfreich und effizient sein, was sie nicht haben, ist gesunder Menschenverstand, Multitasking-Fähigkeit, Kreativität, Empathie oder körperliche Wärme. Ihnen fehlt auch der aufmunternde Blick, die trostspendende Geste, das "natürliche" Lächeln, die rettende Idee, ein schöner Gedanke, Liebe, Schmerz, Trost... Der Mensch, „das Menschliche“, mit all seinen guten und schlechten Seiten, sind untrennbar mit unserem Wesen verbunden. Zum Glück...
Quelle: National Geographic – „The robot revolution has arrived – and it’s changing how we live“ Fotos: Spencer Lowell / National Geographic Text: Helmut Wolf
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