No Ocean, no Life“. US-Meeresbiologin Sylvia Earle, 84, engagiert sich seit Jahrzehnten für den Schutz der Weltmeere. „Hope Spots“ nennt sie ihre nachhaltigen „blauen Hoffnungsflecken“, die zur Rettung der Welt beitragen sollen...
„Es ist nicht zu spät. Es liegt in unserer Macht, das Meer zu retten... Jeder Schritt hilft.“ Mit unermüdlicher Energie zeigt sich die legendäre Ozeanografin und promovierte Meereskundlerin Sylvia Earle im Kampf um Schutz und Erforschung der Ozeane und Meere. Auch im Mittelmeer. Dort hat sie 2016 den ersten „Hope Spot“ ausgezeichnet. Rund um die Tourismus-Inseln Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera hat Earle die Balearen als zweiten europäischen „Hoffnungsflecken“ ausgerufen. Trotz oder gerade deswegen, weil der Massentourismus in dieser Meeresregion zu einer Gefährdung der reichen Biodiversität führen könnte...
Seit über fünf Jahrzehnten gilt Sylvia Earle als Pionierin der Meeresforschung. Als Umweltschützerin und „Explorer-in-Residence“ bei National Geographic, ist sie eine engagierte Fürsprecherin für die Ozeane - und deren gefährdete Ökosysteme. Dank ihrer 2008 gegründeten Initiative „Mission Blue“, konnte sie bereits viel zur Rettung und zum Schutz etlicher Meereszonen auf der ganzen Welt beitragen. Unterstützung erhält sie dabei von einem großen Netzwerk an Experten und rund 200 Profit- und Non-Profit-Organisationen. Auch sozialen Medien wie Google („Google Ocean") unterstützen sie in ihrem Anliegen, die Bedeutung der Meere durch ozeanografische Daten besser verstehen zu lernen.
Mit der Auszeichnung sogenannter „Hope Spots“ zeichnet Earle seit 2009 Meeresregionen aus, die für die Bedeutung und Gesundung der Ozeane von großer Bedeutung sind. Dazu zählt vor allem auch das nachhaltige Wirtschaften mit der „Ressource Meer“. Rund 100 Hope Spots gibt es derzeit weltweit. Acht davon liegen in Europa: bei der Inselgruppe der Balearen in Spanien, in Süditalien, an der Westküste Schottlands sowie je zwei Hope Spots in Griechenland und Norwegen.
Auch wenn die Auszeichnung „Hope Spot“ eine symbolische Bewertung als Meeresschutzgebiet darstellt: Die dortigen Küsten- oder Inselbewohner - mitsamt den Verwaltungen - sollen für ihren Umweltschutz gewürdigt werden und für internationale Aufmerksamkeit sorgen. Zudem gilt die Auszeichnung als Ansporn, um noch mehr für den Schutz der Meere und Ozeane zu tun. „Dies ist der erste Teil des Mittelmeers, der als Hope Spot ausgewiesen wurde. Warum nicht weitere Mittelmeer-Regionen als Hoffnungsflecken in den Fokus rücken“, sagte Earle anlässlich der Hope Spot-Verleihung in Mallorca. Sie wolle jedenfalls damit beweisen, was Meerespflege bringen kann. Nicht nur für den Schutz der Meere, sondern auch für den Menschen und das globale Klima. „Seetang und mikroskopisch, kleine Lebewesen, erzeugen den Sauerstoff für das Leben im Meer und mehr als die Hälfte des Sauerstoffs in der Luft, die wir atmen“, sagt die renommierte Meeresforscherin. Wandernde Herden kleiner Fische und wirbelloser Tiere bilden die größte Ansammlung von Tieren auf der Erde - und sie spielen heute bei der Klimaforschung eine wichtige Rolle - genannt „blauer Kohlenstoff“.
Die Weltmeere gelten als bedeutsamste Wärmespeicher auf unserem Planeten. Zudem regulieren sie das Klima. Wasser hat die Fähigkeit, große Wärmemengen aufzunehmen und nur langsam, gleichmäßig wieder abzugeben. Damit gleichen die Weltmeere extreme Temperaturschwankungen auf der Erde aus. Von der Sonnenenergie, die täglich unseren Planeten erreicht, nehmen die Ozeane doppelt so viel auf, wie Land oder Luft. Laut Meeresforscherin Earle, wird das von Mikroorganismen gebundene CO2 zusammen mit Wasser in Zucker umgewandelt. Dieser Zucker wird dann zum Brennstoff für die Nahrungskette im Ozean...
Schutz der Ozeane auf 30 % der Fläche steigern. Doch trotz ihrer Bedeutung für das globale Ökosystem, sind die Ozeane in einem bedenklichen Zustand: Das Schmelzen der Polkappen, die Erwärmung sowie die Industrialisierung, Überfischung und (Plastik-)Müllmengen ungeahnten Ausmaßes, gefährdeten dieses faszinierende Ökosystem immer mehr. Sylvia Earle’s Mission Blue-Organisation hat sich deshalb als Ziel genommen, den offiziellen Schutz der Ozeane von heute nur knapp über 6 % Fläche, auf 30 % bis 2030 zu erhöhen.
Rund 70 % der Erde ist von Ozeanen bedeckt. Oberflächlich betrachtet. Denn rechnet man ihr Volumen (bei durchschnittlich 3.900 Metern Meerestiefe) mit ein, stellen sie über 90 %(!) des gesamten Lebensraumes auf unserem Planeten. „An Land binden unsere Wälder das Treibhausgas, das wesentlich zur Erderwärmung beiträgt“, sagt Earle. „Aber die Ökosysteme am Festland nehmen natürlich viel weniger Fläche ein, als alles Leben im Ozean". Schon relativ kleine Schutzgebiete zeigen enorme Wirkung: „Es ist unglaublich, wie schnell sich die Bestände erholen“, unterstreicht die 84jährige. Sie selbst esse seit mehr als 40 Jahren keine Meerestiere mehr: „Sie spielen im Wasser eine wichtigere Rolle als auf meinem Teller“, schmunzelt sie.
Sylvia Earles Rezept ist so einfach, wie einleuchtend: Meeresgegenden schützen, die noch intakt sind. Wasser dort rein halten, wo es noch rein ist. Fauna und Flora Zeit geben, sich zu regenerieren. Die viele kleinen Wasserflächen, die sich wie Puzzleteile über die Welt verteilen, Schritt für Schritt zu neuer Gesundung führen. Am ganzen Globus Zeichen der „blauen Hoffnung“ setzen - und weiterverbreiten. „Wir verfügen heute über mehr Wissen als unsere Vorfahren. Das sollten wir einsetzen, statt einfach weiterzumachen wie bisher“, so die Erkenntnis der Mission Blue-Gründerin.
„Das blaue Herz des Planeten retten“. „Ich wünschte, die Menschheit würden alle Mittel nutzen, die uns heute zur Verfügung stehen, um die öffentliche Unterstützung für ein Netzwerk globaler Meeresschutzgebiete zu entfachen: Filme, Internet, Expeditionen, neue U-Boote, Kampagnen usw.“, sagt die leidenschaftliche Meeresbiologin. „Jene „Hoffnungspunkte“, die dann groß genug sind, um den Ozean - das „blaue Herz des Planeten“ - zu retten und wiederherzustellen.“ Unsere Erde - sie braucht noch viele Hope Spots!
Film-Tipp (Netflix):
Mission Blue Trailer HD from Keith Carlson on Vimeo.
Web-Tipp:
www.mission-blue.org Quellen: Chrismom, Greenpeace, National Geographic Fotos: Patagonia/Ted Grambeau (Titelfoto), Mission Blue/Kip Evans Text: Helmut Wolf
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