Kein Müll? Zero Waste. Recycling, DIY und unverpackte Lebensmittel sind vielen schon ein Begriff. Aber: wie weit kann Zero Waste gehen? Und welchen Einfluss haben die Corona-Krise und damit zusammenhängende Vorsichtsmaßnahmen auf unsere Müllproduktion? Lorraine Wenzel von „Zero Waste Austria“ im Interview... “Zero Waste is a philosophy, a strategy and a set of practical tools seeking to eliminate waste, not manage it." Definition von „Zero Waste Europe“ Einige Initiativen zur Müllvermeidung haben es bereits relativ weit geschafft. In Supermärkten wird mit unverpackten Lebensmitteln geworben, Recycling ist allgegenwärtig und Selbstversorgung wieder salonfähig. Sind hier tatsächlich auch Fortschritte auf Nachhaltigkeitsebene sichtbar, oder werden solche Slogans einfach gerne von Handel und Industrie verwendet, um ihre Produkte besser zu vermarkten? Sowohl als auch. Gerade mit der Bewegung „Fridays for Future“ und Greta Thunberg ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit ganz allgemein nicht nur bei Privatpersonen, sondern auch in Unternehmen gestiegen. Gleichzeitig ist Nachhaltigkeit auch ein Trend. Dementsprechend springen Industrie und Handel natürlich auf den Zug auf und vermarkten Produkte als nachhaltig, die zum Teil eben nicht nachhaltig sind. Ihr bietet unzählige Workshops zum Thema Zero Waste an: In Schulen und Kindergärten, aber auch für Unternehmen. Ideen zur Umsetzung von nachhaltigen Alternativen gibt es wie Sand am Meer, trotzdem siegt oft der Griff zu altbewährten Produkten. Wie können Bequemlichkeit, Kosten- und Zeitfragen überwunden werden? Mit Bewusstseinsbildung und Zeit. Wenn mir klar ist, wirklich klar ist, was ich mit meinen eigenen (Konsum-)Entscheidungen anrichte, werde ich über kurz oder lang Dinge ändern - und nachhaltiger agieren. Das gilt für Privatpersonen und Unternehmen gleichermaßen. Dazu zählt aber auch das Bewusstsein, wie ich etwas ändern kann. Wenn klar wird, dass alles gar nicht so kompliziert ist, ist auch der Schritt in die richtige Richtung nicht mehr so schwer. Gleichzeitig braucht man Zeit und die muss man sich auch geben. Jede Veränderung ist auch immer eine Veränderung von Gewohnheiten und die müssen sich nach und nach etablieren. Durch die Corona-Krise wird wieder mehr Augenmerk auf Hygiene gelegt. Wegwerfprodukte wie Masken, Einmalhandschuhe oder Hygienetücher stellen im Namen der Sicherheit jeden Nachhaltigkeitsgedanken in den Schatten. Wie beeinflusst die Krise unsere Einstellung zur Müllvermeidung? Negativ tatsächlich. Gerade zu Beginn der Krise hat man gemerkt, dass bei den Menschen die Nachhaltigkeit in den Hintergrund gedrängt wurde. Es ging darum, möglichst viel Toilettenpapier und Lebensmittel zu horten, ohne darüber nachzudenken, ob man denn nun wirklich so viel braucht. Gerade das „Brauche ich das wirklich?” ist aber eine der Kernfragen der Zero Waste-Bewegung. Bei Hygieneprodukten spielt Angst natürlich eine große Rolle, was auch absolut verständlich ist. Mittlerweile leben wir aber mit der Krise und auch bei diesen Dingen gibt es nachhaltige Alternativen, wie waschbare Masken oder ökologisches Desinfektionsmittel in großen Verpackungen. Auch selbernähen ist eine gute Option. Jetzt heißt es: Bitte wieder nachdenken und sich nicht nur von der Angst leiten lassen. Was würdet ihr jemandem raten, der sich für Müllvermeidung engagieren möchte – wo gibt es momentan am dringendsten Handlungsbedarf? Was kann jeder Einzelne auf individueller Ebene tun? In Österreich ist es auf jeden Fall die Pfandthematik und nach wie vor ganz simpel die Mülltrennung. Beim Pfand gibt es viele Petitionen und Kampagnen bei den großen Organisationen wie Greenpeace oder Global2000. Wobei wir uns klar hinter der Mehrwegpfand-Forderung positionieren. Auch die Mülltrennung ist immer noch ein Thema. Bei uns landen viel zu viele wertvolle Ressourcen im Restmüll und werden somit einfach verbrannt. Wenn man starten will, sollte man sich immer die Frage stellen: Brauche ich das wirklich? Und gibt es das Produkt vielleicht unverpackt oder mit Pfand? Am einfachsten ist es übrigens immer im Badezimmer, weil man hier recht leicht nach und nach verbrauchte Produkte mit nachhaltigen Alternativen ersetzen kann. Und wie sieht das Ganze auf Unternehmensebene aus? Was kann hier getan werden, ohne sich im Mehraufwand zu verlieren? Ganz generell: Die großen Hebel in Bewegung setzen: Energie und Mobilität zählen dazu, denn auch das gehört zur Zero Waste-Bewegung. Also zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln und einen Anreiz für Mitarbeiter schaffen, um öffentlich oder mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Wenn es um Müllvermeidung geht, sind schon kleine Schritte entscheidend: Nicht mehr alles ausdrucken, nicht mehr benötigte Papiere oder alte Briefumschläge als Notizzettel nutzen, die Kapsel-Kaffeemaschine mit einer French Press oder einem Vollautomaten... Vielen Dank für das Gespräch! Web-Tipp: www.zerowasteaustria.at Fotos: Pexels, Zero Waste Interview: Sarah Langoth
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