Banken und Nachhaltigkeit. Ein Widerspruch? Reto Ringger, Gründer & CEO der Schweizer „Globalance Bank“ über neue Werte, größere Ziele und visionäre Köpfe im Finanzbereich. „Die Welt ist nicht nur eine Börse, sondern auch ein Lebensraum“ Reto Ringger, CEO „Globalance Bank“ Lieber Herr Ringger, es herrscht eine tiefe Vertrauenskrise gegenüber Banken und Finanzwirtschaft. Was braucht es, um wieder Glaubwürdigkeit und Vertrauen im Finanzwesen zu schaffen? Vertrauen ist ein scheues Reh, und jeder der diese Tiere kennt, weiß, wie lange es dauert, bis man Vertrauen aufgebaut hat. Bei verlorenem Vertrauen dauert es noch länger. Was braucht es? Bekanntlich stinkt der Fisch vom Kopf her und wir brauchen in der Finanzwelt neue Köpfe. Persönlichkeiten und Macher mit einer neuen Philosophie und einem Wertesystem, welche nicht nur dem eigenen Profit dienen, sondern darüber hinaus auch eine breitere Verantwortung wahrnehmen. Diese neuen Köpfe werden neue Kulturen, neue Anreizstrukturen und neue Geschäftsmodelle entwickeln, die für Mitarbeiter und Kunden Sinn machen. Ich habe viele Bekannte und Freunde bei den Banken, die sich beklagen, dass Ihnen die Sinnhaftigkeit Ihres Tuns abhanden gekommen ist. Der Name „Globalance“-Bank impliziert auch „globale Balance“ und Ausgleich. Wie legen sie diese Philosophie an, in einem von Wettbewerb und Wachstum getriebenen Umfeld? Wir leben in einer Zeit der Unruhe - und „Un-Balance“. Immer mehr Menschen realisieren, dass wir etwas ändern müssen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mitten in einem Paradigmenwechsel sind. Nicht nur demographisch oder technologisch, sondern auch was Werte und Wertvorstellungen der Menschen betrifft - insbesondere der nächsten Generation. Diesen Paradigmenwechsel, der auch den Finanzmarkt erfasst, möchten wir als Vorreiter mitprägen. Rendite ist wichtig, aber die Welt ist nicht nur eine Börse, sondern auch ein Lebensraum. Immer mehr Anleger wollen Rendite mit Zukunftsfähigkeit verbinden. Für diese privaten und institutionellen Anleger entwickeln wir Anlagelösungen, mit denen sie Rendite und eine positive Wirkung des Vermögens erfolgreich kombinieren können. Sie haben den „Globalance Footprint“, eine Art „Google Earth“ des Vermögens, ins Leben gerufen. Was bezwecken sie damit? Wir wollen der Geldanlage ein Gesicht geben und dem Anleger damit eine neue Dimension der Transparenz aufzeigen. Bei Google Earth sehen Sie Berge, Seen, Landschaften, Umwelt etc. Beim „Globalance Footprint“ soll der Anleger konkret sehen, in welcher „Landschaft“ sein Vermögen investiert ist und was es dort für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt bewirkt. Zusätzlich erhöht sich – wie wir immer wieder feststellen – das Verantwortungsgefühl und auch den Stolz von Investoren, sobald sie die Wirkung ihrer Anlagen auf die Realwirtschaft so klar vor Augen haben. Es gibt bei ihnen keine Boni für Mitarbeiter, also keine „kurzfristigen“ Gewinnanreize. Die Eigenkapitalquote liegt bei 80 %. Welche „Anreize“ braucht es, um Banken und Wirtschaft zu nachhaltigen Handlungen zu bewegen? Es braucht nicht primär neue Anreize, die geschaffen werden müssen, sondern es benötigt Menschen und Mitarbeiter, die stark intrinsisch motiviert (die innere, aus sich selbst entstehende Motivation, Anm.) sind, die etwas bewegen wollen. In vielen anderen Branchen ist das der Fall: nehmen Sie beispielsweise einen Architekten oder einen Künstler, der etwas erstellt. Die meisten erfolgreichen Unternehmer sind nicht wegen den finanziellen Anreizen motiviert, sondern weil sie etwas aufbauen und bewegen wollen. Sie glauben an eine Vision und ein größeres Ziel. Visionäre Köpfe und ebensolche Ziele braucht es auch im Finanzbereich. Wo und wie Vermögen anlegt werden, hat Einfluss auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Welche Finanzprodukte und Anlagemöglichkeiten empfehlen sie ihren Kunden? Primär will eine Pensionskasse, eine Stiftung oder ein Privatanleger eine Rendite erzielen. Neben dem berechtigten Renditeaspekt beurteilen wir aber auch die Zukunftsfähigkeit und damit auch den „Footprint“ einer Anlage. Bin ich in einer Firma oder einer Technologie investiert, welche Teil der Lösung oder Teil des Problems ist? Ist die Firma aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit zukünftigen Risiken ausgesetzt oder realisiert sie Chancen? Konkretes Beispiel: Ist meine Automobilaktie für eine Zukunft mit veränderter Mobilität und weniger Automobilen gerüstet? Bietet sie in diesem Bereich neue Geschäftsmodelle an? Denkt und handelt ihr Management zukunftsgerichtet...? Flüchtlingsströme, Digitalisierung, Klimawandel. Wir leben in bewegten Zeiten. Was würden sie sich für die Zukunft am meisten wünschen? Dass die Menschen sich vermehrt Gedanken über die Zukunft machen und danach handeln. Wir leben mit einer sehr kurzfristigen Perspektive und verbauen uns dadurch Chancen für die Zukunft unserer und der nächsten Generationen. Was ist ihre Triebfeder für ihr tägliches Handeln? Ich bin mit Herz und Blut Unternehmer und mich motiviert es, etwas zu „unternehmen“. Etwas zu bewegen, zu entwickeln und auf die Beine zu bringen, was es noch nicht gibt. Das motiviert mich. Das ist zwar manchmal etwas anstrengend, aber es macht sehr viel Spaß und man kommt mit spannenden und inspirierenden Menschen zusammen. Ihr Lebenskonzept? Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten. Vielen Dank für das Gespräch. Web-Tipp: www.globalance-bank.com Illustrationen: www.davidebonazzi.com Interview: Helmut Wolf
1 Comment
Judith Gatscher-Riedl
12/23/2023 10:45:33
I like your view of the future. Vieture!!!!
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