Das „Draußen-sein“ schmackhaft machen? Ohne Handy im Gelände „überleben“? Warum Naturerlebnisse für uns wichtiger denn je sind, erläutert Markus Blank, Ranger im steirischen „Nationalpark Gesäuse“, im nachfolgenden Gespräch... „Wir haben uns den Spaß gemacht mitten im Wald eine Steckdose am Baum anzubringen. Obwohl es hier keinen Strom gab“, schmunzelt Markus Blank. „Trotzdem hat das junge Mädchen wirklich geglaubt, sie kann ihren Föhn anstecken“. Blank, Nationalpark-Ranger und Familienvater, erzählt diese Anekdote nicht ohne Grund. Denn: Was sich vor einiger Zeit beim sogenannten „Waldläufer-Camp“ im Nationalpark Gesäuse zugetragen hat, passiert heute immer häufiger: Viele (junge) Menschen können sich einfach nicht mehr vorstellen, dass es Orte gibt, wo Smartphone, WLAN oder Strom nicht verfügbar sind. Ja, sie können sich generell nicht vorstellen einen Tag ohne Handy zu „überleben“... Nach Sonnenstand den Tagesablauf gestalten. Kräuter, Beeren und Pilze fürs Essen sammeln. Mit Laub und Ästen versuchen ein Camp zu bauen. Abends am Lagerfeuer sitzen und - einfach nichts tun... Mit den „Waldläufer-Camps“ im Nationalpark Gesäuse wird Jugendlichen und Erwachsenen ein kurzzeitiges „Offline-Lebensmodell“ vermittelt, dass für viele heute nicht mehr „greifbar“ erscheint, erzählt Markus Blank. Doch: „Nach diesen 2, 3 Tagen in der Natur, wird bei den meisten Teilnehmern eine neue Perspektive entfacht“, so der Ranger. Für viele Teilnehmer leiten diese Tage im Freien oft gar eine kleine Wende ein: Natur und Umwelt erscheinen dann plötzlich in neuem Licht... You’re getting paid by Nature“. Ursprünglich hat der gebürtige Deutsche Markus Blank (Foto links) Elektrotechnik studiert. Einige Jahre hat er in diesem Arbeitsbereich einen entsprechenden Job ausgeübt. Irgendwann aber, so Blank, sei in ihm der Entschluss herangereift: Seine Arbeit soll sinnvoll, sinnstiftend sein. „Ich wollte raus aus dem Hamsterrad. Nahe der Natur, den Bergen leben und etwas tun, wovon Mensch und Umwelt gleichermaßen profitieren.“ Nach einem Aufenthalt im US-Bundesstaat Kalifornien, wo Blank erstmals als Ranger tätig war, lernte er das dortige Leitmotiv kennen – und schätzen: „You’re getting paid by Nature“: Natur als heilsame Quelle, die einem Kraft verleiht und die es gilt zu schützen und zu erhalten. „Natur schützen und erlebbar machen“, ist nicht nur das persönliche Lebenskonzept von Blank. Auch die Betreiber des Nationalparks Gesäuse in der Steiermark haben sich zum Ziel gesetzt Naturerlebnisse, Naturkontakte und Naturschutz zu vermitteln. Die „Berührung mit der Natur“ als elementar Bestandteil, um Reflexionsprozesse und Sensibilität für unsere Lebensräume in Gang zu bringen. Rund 70.000 „betreute Gäste“ pro Jahr zählt der jüngste Nationalpark Österreichs. Eingebettet zwischen beeindruckenden Gebirgslandschaften, wie der Buchstein- und Hochtorgruppe, zwischen wildromantischen Flüssen Enns und Salza, können Besucher Wandern, Bergsteigen, Klettern, Raften, auf Ski-Touren gehen oder einfach nur die Landschaft genießen: Stets zollen einem die steil aufsteigenden Bergmassive und wuchtigen Landschaften großen Respekt ab. „Campfire Talk, Nachtwanderungen... „Wer Natur schätzt, versucht sie zu schützen“, ist sich Ranger Markus Blank sicher. Im Nationalpark Gesäuse wird die „Begegnung mit der Natur“ kultiviert – und anregende Bewusstseinsarbeit betrieben: Mit dem weltweit ersten „begehbaren Ökologischen Fußabdruck“ im Erlebniszentrum Weidendom ebenso, wie beim „Campfire Talk“ mit Nationalpark-Rangern. Beim sommerlich „Berg- und Natur-Kino“ am Fuße der mächtigen Hochtorgruppe oder bei den „Nachtwanderungen“, wo Tast- und Hörsinn geschärft werden. „Wer den Sehsinn in der Dunkelheit ausschaltet, erlebt die nächtliche Landschaft mit allen Sinnen. Das hat eine unglaubliche Intensität und Wirkung auf die Teilnehmer“, sagt Blank. Das Gesäuse ist übrigens eines der dunkelsten Flecken Europas. In Zeiten zunehmender „Lichtverschmutzung“, gerät das nächtliche Sternenpanorama zu einem besonderen Erlebnis. „Lebendige Interpretation“, neue Perspektive. Was die Methoden naturorientierter Bewusstseinsbildung anbelangt, setzt Markus Blank vor allem auf das „Konzept der Interpretation“. Diese aus den USA stammende Philosophie, basiert auf dem Fundament „lebendiger Interpretation von Natur“: Dabei geht es darum, eine „spürbare Verbindung“ zwischen Mensch und Natur herzustellen. „Reines Fakten- und Infowissen geht am Nationalpark-Besucher vorbei. Das ist nichts, was man mitnehmen kann“, so Blank. Natur zu „interpretieren“ bedeutet für ihn „etwas mitnehmen und weiterdenken zu können“. Und wer sich am Ende beim Nachhause gehen Gedanken über die Outdoor-Erfahrungen macht, „gewinnt ein neues Verständnis für die Natur“, ist sich der Ranger sicher. Im Idealfall wird diese neue Perspektive Teil der eigenen Persönlichkeit... Begeistern, zum Nachdenken bringen, Verbindung zur Natur schaffen... Wie gut die Elemente der Naturvermittlung bei Kindern und Jugendlichen ankommen, zeigt die erfolgreiche Kooperation mit vier Partnerschulen in der Region: Die „Nationalparkstunde“ zählt in diesen Schulen zum fixen Bestandteil des Stundenplans. Auch gehören „Outdoor-Module“ oder der Unterricht im Freien - „bei jedem Wetter“ - zum Bestandteil der „Junior Ranger-Ausbildung“. Seit kurzem arbeitet der Nationalpark Gesäuse sogar mit einem Kindergarten zusammen. „Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft - und sie sind Multiplikatoren“, zeigt sich Ranger Markus Blank überzeugt. „Wenn sie von Klein auf Natur als Teil ihres Selbstverständnisses spüren und lieben lernen, dann werden sie Fauna und Flora ein Leben lang schützen wollen“. Die beste Methode der Naturvermittlung ist deshalb: Rausgehen und die Welt für sich neu entdecken! Das gilt nicht nur für die Kinder... Web-Tipps: www.nationalpark.co.at www.interpret-europe.net Fotos: Nationalpark Gesäuse, Helmut Wolf Text: Helmut Wolf
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