die Hummel das wichtigste Nutztier der Welt ist? Gurken, Tomaten, Paprika, Pfirsiche, Äpfel oder Melonen würden ohne Bestäubung der sympathisch-dicken Brummer nicht heranwachsen... „Die Rote 69 flog jedes Mal in mein Haar und fing an zu buzzen“, erzählt Klaus Lunau. Und fügt schmunzelnd hinzu: „Wie bei der Befruchtung einer Tomatenstaude“. Hat das Tier seine Haare mit einer attraktiven Blüte verwechselt? Oder mochte die markierte Hummel mit der Bezeichnung „Rote 69“ ihn einfach gerne? Was wie eine romantisierende Natur- und Menschgeschichte klingt, ist Klaus Lunau wirklich passiert. Lunau ist renommierter Insektenforscher und Hummelexperte. Als Professor an der Universität Düsseldorf erforscht er das Verhalten der Hummeln und hat in vielen Studien aufgezeigt, wie wichtig die Hummel als „unverzichtbare Bestäuber“ für den ökologischen Kreislauf und Menschen ist. „Ohne Hummeln könnte die Menschheit nur schwer satt werden“, betont Hummelexperte Klaus Luna in einem „National Geographic“-Interview. Mehr als 100 verschiedene Obst- und Gemüsesorten sind von ihren „Bestäubungs-Diensten“ abhängig: Melonen, Gurken, Tomaten, Paprika, aber auch Früchte wie Pfirsiche und Kiwis tragen nur deshalb Früchte, weil die Hummeln auf der Suche nach Nektar in die Blüten krabbeln – und dabei deren männliche Pollen auf der weiblichen „Narbe“ verteilen. Die Hummel ist das wichtigste Nutztier der Welt, bringt es Biologe Andreas Weber auf den Punkt. Nur ein Drittel der globalen Fruchtbestäubungen wird von Honigbienen, der Rest von den behäbig erscheinenden Brummern erledigt. Die enorme Bedeutung für Natur und Mensch im Zusammenhang mit der Hummel wird einem besonders bewusst, wenn man sich einige Daten veranschaulicht: zusammen mit anderen Wildbienen erzeugen die gestreiften Brummer jedes Jahr weltweit einen Handelswert von fast 600 Milliarden(!) Dollar. Jedoch sinkt dieser Beitrag stetig. Alleine ein Drittel der europäischen Hummelarten, steht jetzt – oder in naher Zukunft – vor dem Aussterben, belegt ein Report der UN-Umweltagentur IUCN. Die Gründe dafür: zu viel Einsatz von Pflanzengiften und Pestiziden, die einseitige Agrarkultur mit endlosen Maisäckern sowie eine Reihe von Seuchen, die für diese „Bestäubungskrise“ verantwortlich sind. Die Sensibilität des natürlichen Ökosystems zeigt sich überall dort, wo der Mensch eingreift. „Bienen zum Wegwerfen“ nennen Wissenschaftler jene industriell gezüchteten Nutzhummeln, die nur für einige Wochen im Glashaus zur Bestäubung eingesetzt werden, um dann „entsorgt“ zu werden. „Dier Lebensmittelanbau verändert sich gerade tiefgreifend“, schreibt Biologe Andreas Weber im Magazin „National Geographic“. Weltweit bestäuben die Brummer die Blüten von Obst und Gemüse in den Gewächshäusern. Täglich werden rund einen Million Hummeln zum Stückpreis von rund einem Euro quer um den Globus verschickt. Paradox: während es in der freien Natur immer weniger wilde Insekten gibt, „findet in den künstlichen Räumen der Gewächshäuser eine ökologische Revolution statt“, betont Andreas Weber. Nutzstiftend, intelligent und hochsozial. Bienen, Hummeln und Wespen sind nicht nur nutzstiftend und intelligent, sondern auch hochsozial. Ja, sie haben sogar ein komplexes Erleben, ähnlich menschlicher Euphorie oder Enttäuschung. Dies haben Forscher an Londons Queen-Mary-Universität herausgefunden. Bei den Versuchen tranken Hummeln konzentrierte Zuckerlösungen, bevor sie ausgeflogen sind. Danach waren sie unternehmungslustiger, ließen sich weniger leicht aus dem Konzept bringen und ertrugen Frustrationen mit größerem Gleichmut. Im Gehirn der Hummeln konnten die Forscher auch den Glücks-Botenstoff Dopamin messen, der auch bei Menschen ausgeschüttet wird. Die „kleinen Pelzträger“ sind nicht nur wichtige „Ernährungslieferanten“ für den Menschen, sondern sensible Individuen mit eigenen Charakter. „Sie begreifen eine Menge von dem, was ihnen zustößt – und haben sogar Emotionen“, betont Biologe Andreas Weber. Man kann nur hoffen, dass diese Einsichten irgendwann dazu führen, dass die fleißigen Tiere nach getaner Arbeit nicht „entsorgt“, sondern besser beschützt und auch öfter „gelobt“ werden. Pollen sammeln durch „Buzzen? Der möglicherweise sympathischste „Tanz um die Blüten“... Web-Tipp: www.bumblebeeconservation.org Quelle: National Geographic Fotos: adam-f.deviantart.com (Titel), blog.thompson-morgan.com, Manolo Morales, linkineos.deviantart.com, pencilandleaf.blogspot (Illustration) Text: Helmut Wolf
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