Ein blinder Skateboarder? „Ich sehe nicht, ich spüre es“. Dan Macina beweist, dass Vorstellungskraft jegliche Grenzen überwinden kann. Selbst die „positive Sichtweise“ auf die Welt lässt sich verändern - und das ohne Augenlicht. Ein Porträt... „Ich habe vielleicht mein Augenlicht verloren, aber durch das Skateboarden habe ich eine neue Sichtweise gewonnen - und die möchte ich mit der Welt teilen“. Wer den jungen Amerikaner Dan Macina zuhört, der bemerkt sehr rasch: Hier hat jemand trotz Handicap einen unbändigen Lebenswillen behalten. Trotz zunehmender Blindheit - oder gerade deswegen? Es ist schon erstaunlich, eine „raue Sportart“ wie „Skateboarding“ blind zu betreiben. Immerhin gehört der Sturz am Beton zu jedem Skater-Dasein. Doch für Dan sind Skate-Tricks wie „Ollie“ oder „Nosegrind“ gar nichts so spektakuläres. Denn im Grunde treiben ihm neben dem Skaten auch andere Dan an... „Ehrlich - ich Skate und tue genau das, was ich liebe. Hoffentlich machen das die anderen Leute genauso", schmunzelt der sympathische Profi-Skater aus Michigan. Dan Macina hat eine Augenkrankheit namens RP oder „Retinitis Pigmentosa“. Er war gerade 13 Jahre alt, als bei einer routinemäßigen Augenuntersuchung diese Augenkrankheit diagnostiziert wurde. Es ist dies eine erbliche, degenerative Erkrankung, die langsam die Sehkraft des Auges reduziert. Sprich sich vom äußeren Teil des Auges hin zum Innen verschlechtert. In diesem Alter sein Augenlicht zu verlieren und obendrein nicht Skaten zu können, „das war am Anfang so, als würde einem das Herz herausgerissen werden", erinnert er sich. Diese schwierige Phase hat jedoch seine ganze Einstellung zum Leben verändert... Seit seinem siebten Lebensjahr ist Dan durch die Straßen der US-Stadt Michigan geskatet. Dann, als heranwachsender Teenager „in die blinde Welt geworfen zu werden“, mag zwar ein Rückschlag sein, für ihn jedoch war es gleichzeitig ein Kurswechsel in seinem Leben. Er begann zwar eine „normale Berufsausbildung“ zum Massagetherapeuten, durch Zufall bekam er jedoch ein Angebot bei einem Video-Stunt am Skateobard seine Künste zu zeigen. Dieses Video läutete schließlich den Neustart in Richtung Skateboard-Profi ein, was auch internationale Sponsoren wie „Red Bull“ oder „Adidas“ auf ihn aufmerksam werden ließ. „Die Erwartungen an die Behindertengemeinschaft sind immer geringer“, sagt Dan, der nur mehr über eine Sehkraft von 5 % verfügt. „Da bekommst du Lob und Applaus dafür, dass du grundlegende, einfache Dinge tust. Aber: Wenn ich als Blinder skate, hat es tatsächlich die Kraft, andere Menschen zu inspirieren und zu motivieren. Und das ist der wesentliche Aspekt, auf den ich mich zu konzentrieren versuche." Andere Menschen positiv zu inspirieren ist zu einer Art Triebfeder für ihn geworden. Als „Hilfsmittel“ beim Skaten dient Dan dabei ein Stock. Damit kann er sich orientieren und hat gleichzeitig damit spezielle Skate-Tricks entwickelt. „Blindes Holzhacken, blindes Bogenschießen, blindes „Bier-Pong"... Nicht nur Skatboarding, auch andere Dinge macht er, die man von einem blinden Menschen nicht erwarten würde. Warum? „Um die Perspektive auf das zu ändern, was die Leute von blinden Menschen erwarten“, sagt Dan selbstbewusst. „Ich bin genau dieselbe Person, die ich war, bevor ich blind war“, sagt er. Und trotzdem haben viele Leute Angst ihn anzureden - oder gar mit ihm zu sprechen. „Die Leute geben sich immer Mühe, mir zu helfen. Und das ist genauso seltsam, wie mich zu ignorieren, Sie behandeln mich immer noch anders, weil ich blind bind“, so der Skater. „Skaten bringt einem in eine Art Flow-Zustand“, sagt Dan. „Du willst den Trick einfach unbedingt können. Das probierst du hundertmal. In diesem Moment gibt es nichts anderes mehr. Und dann denkst du nicht mehr daran, blind zu sein. Es geht nur mehr darum, wie du das schaffen und umsetzen kannst“. Für Dan sind diese Momente „das beste Gefühl, das man haben kann." Auch wenn er nur mehr Schatten und Kontraste „sehen“ und wahrnehmen kann. Gerade ist er auch dabei einen Skatepark für Blinde zu entwerfen und zu bauen. Besonders aber möchte er die Menschen positiv motivieren... Gab es viele Dinge, die er rasch vor seiner zunehmenden Erblindung sehen wollte? „Ich war mir immer der Momente in meinem Leben bewusst“, antwortet Dan dem US-Magazin „Jenkem“. Ob beim Anblick seines Sohnes oder der Landschaft in den Bergen. Stets hat er versucht, so viel wie möglich der Umgebung in sich „aufzunehmen“. „Es sind nicht so sehr die Bilder, an die ich mich erinnere“, sagt er. „Es ist einfach dieses Gefühl“ – und die Erkenntnis: Man kann die gleichen Gefühle von Schönheit spüren, auch ohne visuellen Aspekt. Das ist nicht nur eine schöne Vorstellung für einen Sehenden, sondern eine Erweiterung des persönlichen Horizonts... Video-Tipp: Quelle & Fotos: Red Bull Skateboarding
Text: Helmut Wolf
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Regionale Produkte. Zugang zu hochwertigen Lebensmitteln. Bei „Markta“ werden Produzenten und Konsumenten direkt verbunden. Warum alternative Konzepte zum klassischen Lebensmittelhandel gerade heute wichtig sind, erzählt Markta-Gründerin Theresa Imre im folgenden Interview... Liebe Theresa, Qualität und Regionalität stehen bei euch im Vordergrund. Bio-Zertifizierungen sind nicht Voraussetzung, auch wenn danach gefiltert werden kann. Wieso ist das für euch nicht unbedingt ausschlaggebend? Grundsätzlich werden wir natürlich immer biologische Produkte bevorzugen. Bei vielen Klein-Produzenten sind die Anforderungen und Kosten der Bio-Zertifikate jedoch nicht immer sofort leistbar. Wir möchten ihnen zeigen, dass sich ein Umstieg lohnt, weil Konsumenten bereit sind, hier mehr zu bezahlen, und sie damit auf diesem Weg begleiten, anstatt kategorisch auszuschließen. Neben umweltschonenden Vorteilen, die bei einer regionalen und nachhaltigen Lebensmittelwahl auf der Hand liegen, legt ihr besonders Wert auf einen alternativen, „solidarischen Zugang“ zum Lebensmittelmarkt - was genau meint ihr damit? Ein sozialer Zugang ist auf verschiedenen Ebenen sinnvoll: Wenn man die Produktionsbedingungen von süd-europäischem Gemüse durch Migranten betrachtet, reicht es nicht, nur auf die ökologischen, teilweise sogar Bio-Aspekte zu achten. Hier wären grundlegend verbesserte Arbeitsbedingungen und soziale Standards notwendig. Weiters geht es auch um eine wirtschaftlich fairere Verteilung der Wertschöpfungskette. Solange die verarbeitende Industrie und die Handelskonzerne den größten Teil, etwa 85 – 90 % des Kaufpreises erhalten, können Klein-Produzenten und -Bauern auch hier im Land nur schwer überleben. Warum fehlt eurer Meinung nach den Menschen oft ein „gesunder" Bezug zu Lebensmitteln, deren Produktion und dem Lebensmittelhandel? Weil er von der Industrie, dem Handel und deren Werbemaschinerie nicht gewollt wird. Es wird ein romantisiertes Bild der Lebensmittelproduktion vermittelt, wo das sprechende Schwein neben der lila Kuh glücklich auf der Weide galoppiert... Zugegebenermaßen haben die Handelsketten einen großen Teil dazu beigetragen, dass Österreich an der Spitze der Bio-Länder Europas steht. Andererseits wird der Bio-Anteil oftmals nur über Massenproduktion erreicht, die sich nicht so sexy vermarkten lässt - und dadurch eher verschleiert wird. In Österreich haben wir drei mächtige Handelskonzerne, die praktisch den gesamten Lebensmittelmarkt abdecken. Wo seht ihr hier die Problematik und inwiefern können Initiativen wie markta dieser Machtstellung von einigen großen „Global players" entgegenwirken?
Der Einzelhandel setzt ganz gezielt auf Eigenmarken – im Durchschnitt sind das mittlerweile über 45 % der Produkte in den Regalen. Damit gewinnen sie an Macht, drängen Produzenten in den Hintergrund. Uns geht es darum, den Produzenten wieder eine Bühne zu geben und sie den Konsumenten näher zu bringen. Es gibt genug Studien, die zeigen, dass wenn wir wieder einen persönlichen Bezug zu unseren Lebensmitteln bekommen, wir auch unser Kaufverhalten umstellen und verstehen, wen wir damit unterstützen. All das sind wunderbare Ansätze - die allerdings natürlich auch ihren Preis haben. Wie könnte qualitative Nahrung für „Alle“ leistbar werden? Wir werden das mit gebündelten Bestellungen durch Nachbarn oder Arbeitskollegen zu Abholpunkten in der Stadt in die Hand nehmen. Damit können wir Lieferwege und -kosten sowie Verpackungsmaterialien stark reduzieren. Durch das Vernetzen der Kleinen wollen wir größere Mengen zusammenbringen, um dadurch gemeinsam effizienter und kompetitiver aufzutreten... Danke für das Gespräch! PS.: Markta sucht gerade helfende Hände, um möglichst viele Menschen versorgen zu können. Infos unter: https://linktr.ee/markta.at Web-Tipp: www.markta.at Fotos: Markta Interview: Sarah Langoth 30 Stunden-Woche? Bei vollem Gehalt? „Das funktioniert wunderbar“, freut sich Klaus Hochreiter, Geschäftsführer der Agentur „eMagnetix“. Über den Aufruf „#30sindgenug“ und wie Produktivität und Gesundheit der Mitarbeiter dadurch gewonnen haben - eine Reportage! „Wir kennen es alle: Es ist Abend. Man kommt erschöpft von der Arbeit nach Hause. Kümmert sich noch um Essen und Haushalt, hilft den Kindern bei den Hausaufgaben, geht mit dem Hund schnell Gassi - und fällt dann todmüde ins Bett. Am nächsten Tag im Job wieder acht Stunden rotieren... Work-Life-Balance? Fehlanzeige!“. So umschreibt Klaus Hochreiter die oftmalige Praxis in vielen Unternehmen. Seit mehr als 40 Jahren gilt in Österreich die gesetzliche 40-Stunden-Woche. Zeitgemäß findet der oberösterreichische Unternehmer dieses Modell nicht mehr. Vor rund zwei Jahren ist er schließlich mit eMagnetix auf die 30-Stunden-Woche gewechselt – mit Erfolg... #30sindgenug. Unter diesem Hashtag und gleichnamiger, unternehmerischer Ausrichtung, hat die Online Marketing-Agentur „eMagnetix“ im Jahr 2018 eine Diskussion ins Laufen gebracht. „Wir haben uns die Frage gestellt: Wie können wir effizienter arbeiten, um manuelle Zeit einzusparen. Gleichzeitig wollten wir die Lebensqualität der Mitarbeiter erhöhen“, sagt GF Hochreiter (Foto links, mit dem zweiten GF Thomas Fleischanderl). In diesem Umdenkprozess hat man über 100 Möglichkeiten und Maßnahmen gefunden. In einem stufenweißen Prozess, hat wurde zuerst auf 34, dann auf 30 Arbeitsstunden reduziert – „bei vollem Lohnausgleich“, wie er betont. Motto: „30 Stunden arbeiten, 40 Stunden verdienen“. Gesprochen wird viel von „Work-Life-Balance“. Jedoch: in der (Arbeits-)Praxis ist sie meistens nicht zu erkennen. Wiewohl sich diese Balance mittlerweile der Großteil der Menschen wünscht. Eine aktuelle Studie der Universität Wien zeigt: nur noch 42 % der Österreicher schätzen den Beruf als „sehr wichtig“ ein. Im Gegenzug werden Freunde und Freizeit immer wichtiger - gerade bei der jungen Generation. Bei den „Millennials“ findet ein Paradigmenwechsel statt: Im Vordergrund steht das Motto: „Arbeiten um zu leben“ und nicht leben, um zu arbeiten. Geld (alleine) ist für die Jungen immer weniger ein Kriterium. Stattdessen gewinnen „Zeit und Sinnhaftigkeit der Arbeit an Wert“, belegt auch die „Arena-Analyse - Neue Arbeitswelt“. „Wir freuen uns nicht nur aufs Wochenende, sondern auch auf die Montage“, steht auf der Website von eMagnetix. Und dass dies im Unternehmen tatsächlich so aufgeht, scheint besonders im Zusammenhang mit der Arbeitszeitverkürzung zusammenhängen. „Die 30-Stunden-Woche bringt unseren Mitarbeitern pro Tag bis zu zweieinhalb Stunden mehr Freizeit“, rechnet Hochreiter vor. Denn der Arbeitstag endet bereits um 14 Uhr. „Gelebte Work-Life- Balance bedeutet bei uns bis zu 50 Stunden mehr Freizeit im Monat - und ganze fünf Wochen pro Jahr!“, so der Firmenchef. Eine gleichzeitige Reduzierung des Gehalts stand nie zur Diskussion. Und dies, so Hochreiter, mache den großen Unterschied: „Es gibt zwar Unternehmen, in denen bereits jetzt weniger als 40 Stunden pro Woche gearbeitet wird, aber dort wurde gleichzeitig der Lohn aliquot gekürzt“. „Attraktivität, Produktivität und Gesundheit der Mitarbeiter sind seit #30sindgenug deutlich gestiegen“, bestätigt Klaus Hochreiter. „Work-Life-Balance – andere reden darüber, wir leben sie“. Auch bei den Kunden kommt diese strategische Entscheidung sehr gut an, so der eMagnetix-GF. Die Mitarbeiter sind deutlich motivierter und produktiver. Zudem gibt es weniger Krankenstände, sprich eine Steigerung der Vitalität und Gesundheit in der Belegschaft. Die Bewerbungen haben sich seither verzehnfacht. Mittlerweile zählt das Unternehmen 35 Mitarbeiter. „Wir sehen die Digitalisierung als Chance, um die Produktivität zu steigern“, sagt Hochreiter. Dank digitaler Technologie könne man nunmehr die Arbeitsprozesse besser und effizienter gestalten, was wiederrum mehr (zeitliche) Ressourcen frei werden lässt. Dass Digitalisierung und Automatisierung nicht nur Menschen verdrängen, sondern neue Potenziale entstehen lassen können, deckt sich auch mit einer Untersuchung des deutschen „Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“: Die Studie mit dem Titel „Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt“ zeigt auf, dass Roboter und Algorithmen zwar manche Berufe zum Verschwinden bringen, dafür neue entstehen lassen werden. In den meisten Fällen, so die Untersuchung, werden diese „wirkungsvolle Werkzeuge sein, durch die sich die Produktivität steigern lässt“.
„Future of Work“. Dass man mit dem 30-Stunden-Arbeitszeitmodell anscheinend auf der richtigen Spur unterwegs ist, wurde im Vorjahr mit dem Gewinn des „Employer Branding Awards 2019“ belegt. Nunmehr gilt die Online-Marketing-Agentur offiziell als „eine der besten Arbeitgebermarken der D-A-CH-Region“. Der Sonderpreis „Future of Work“ zeichnet eMagnetix zudem „für einen besonders zukunftsorientierten und nachhaltigen Aspekt von #30sindgenug“ aus. Die Zukunft der Arbeit ist - mehr Sinn, mehr Spaß, mehr Zeit! Web-Tipp: www.emagnetix.at Fotos: Globewelltravelled, Matthias Zeitler, Adrien Be / Pixabay, eMagnetix Quelle: Ö 1 Text: Helmut Wolf Selbst angebaute Lebensmittel, Upcycling-Möbel, kein Abfall. Mit dem „Zero Waste“-Restaurant „Silo“ im englischen Brighton arbeitet Gründer & Sternekoch Douglas McMaster an einer großen Vision: dem abfallfreien Lebensmittelsystem. Reportage! „Es ist nicht mehr zu ignorieren: Müll ist ein globales Problem...deren Ursachen beim Menschen liegt“, sagt Douglas McMaster. Und er ist der Überzeugung: Es ist höchste Zeit, etwas gegen Müll und Verschwendung zu tun. McMaster kocht, mixt und entwickelt nicht nur Speisen mit hoher Kreativität und Originalität. Sein Ansatz ist es den Umgang mit Lebensmitteln oder anderen Dingen des Alltags so effizient und nachhaltig wie möglich anzulegen. Nutzen und Verbrauch sollten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Zum „Versuchslabor“ dieses Lebenskonzepts wurde das weltweit erste Zero-Waste-Restaurant „Silo“. Das gleichzeitig auch Bäckerei, Rösterei und Brauerei ist... Lebensmittelsystem auf neue Beine stellen. McMaster arbeitete jahrelang als Koch in exklusiven Restaurants auf der ganzen Welt. Was er da an Lebensmittelverschwendung gesehen hatte, war in seinen Augen zum Teil „kriminell“. Er schlussfolgerte: So darf es nicht mehr weitergehen! Alleine die britische Lebensmittelindustrie verschwendet jährlich 1,9 Millionen Tonnen Lebensmittel. Nach Schätzungen der UN landen pro Jahr weltweit 1,3 Milliarden Tonnen (genießbares) Essen im Müll. Die Lebensmittelindustrie in ihrer heutigen Ausprägung sei für McMaster „ein umweltpolitisches Desaster“. Was es dringend brauche sei: Ein Lebensmittelsystem, dass die natürlichen Kreisläufe respektiert! „Ich brauche keinen Mülleimer“. „Mit Silo möchte ich die Vision ein neues Lebensmittelsystems definieren“. Ein Ort, wo nachhaltig produziert, hervorragend gekocht und möglichst abfallfrei gelebt wird. Unter Verwendung saisonaler Lebensmittel und Anwendung der „Nose-to-Tail“-Ideologie. Also: Soviel wie möglich von einem Tier zu verarbeiten. Vor allem aber gilt es eines aufzuzeigen – und auch in Form von Workshops zu vermitteln: Der respektvolle Umgang mit Lebensmittel! Die Idee zu diesem Konzept hatte McMaster 2011. Da lernte er den niederländischen Künstler Joost Bakker in Australien kennen. Dieser lebte vom Eigenanbau und nach dem Lebensprinzip: „Ich brauche keinen Mülleimer“. Das war der Grundstein für die Idee zu Silo... „Damit schließt sich der Kreislauf“. Eine leerstehende Lagerhalle in der Nähe der Universität in Brighton wurde 2014 schließlich der perfekte Ort, um aus der Vision Realität werden zu lassen. „Wir fahren zu lokalen Bauern, Fischern und Erzeugern und sagen ihnen: Bringt uns eure Produkte direkt vorbei. Denn: wenn ihr uns die Sachen direkt liefert, sparen wir viel Energie, Verpackung - und Abfall“. Alle Produkte werden in wiederverwendbaren Behältern geliefert. Ressourcen werden bestmöglich genützt, um den Müll zu minimieren. Abfall der anfällt, wird gleich wieder zu Kompost verarbeitet - und findet am Ende wieder in die Erde zurück. „Damit schließt sich der Kreislauf“, so der engagierte Unternehmer. Ein eigenes, sauerstofffreies Kompostiergerät kann in nur 24 Stunden mehr als 60 Kilo Essensreste in Kompost umwandeln. Scheitern, weitermachen, Scheitern, weitermachen... Aber natürlich: so einfach ist es nicht, ein abfallfreies Lebensmittelsystem aufzubauen. Das sei ein ständiger, zäher und teilweise anstrengender Entwicklungsprozess, so der Sternekoch. „Wir probieren aus - der Versuch misslingt. Dann versuchen wir es noch einmal, und es misslingt wieder. Oft braucht es drei, vier, fünf und mehr Versuche - und plötzlich, irgendwann funktioniert es plötzlich“. Motto: Scheitern-weitermachen-Scheitern-weitermachen... Zwischendurch dachte er: Ist das nicht alles verrückt, was ich hier mache? „Aber so ist es oft im Leben“, sagt McMaster. „Das Leben ist ein ständiges Erforschen, Ausprobieren und herausfinden, wie es noch besser ginge.“ Wichtig sei, nie das große Ziel aus den Augen zu verlieren, so der Kochvisionär. Und wenn etwas gelingt, dann sei die Freude umso größer... „Wir rühren unsere eigene Butter, machen unser eigenes Joghurt, stellen unsere eigene Hafermilch her und brauen vor Ort frische Getränke aus Pflanzen, Kräuter, Obst und Gemüse“, zeigt sich McMaster stolz. In einem Gewächshaus am Gelände wird Obst und Gemüse angebaut. Sogar Schafe werden gezüchtet. Eine eigene Mehlmühle verarbeitet alte Weizensorten auf ursprüngliche Art und Weise zu Mehl und schließlich zu Brot. Auch hier ein Statement - gegen die industrialisierte Brotherstellung. Das gesamte Mobiliar des Lokals ist recycelt und „upgecycelt“: Es gibt Teller aus Plastiksackerln/-tüten, Tische aus ehemaligen Lebensmittelverpackungen, Stühle aus eingestampften Holzabfällen und das Geschirr besteht aus zerkleinerten Weinflaschen und alten Marmeladegläsern, Kerzenwachs in alte Gefäße gegossen.... „Wenn du die Natur gut behandelst, dann gibt sie dir doppelt soviel zurück“, ist sich McMaster sicher. Und auch der finanzielle Erfolg kommt zurück, wenn du viel Herzblut investierst. „Wir wollen zeigen, dass ein nachhaltiges Lebensmittel-Unternehmen auch finanziell tragfähig ist“, sagt Douglas McMaster. Auch könne man durch die Zusammenarbeit andere, abfallfreie Unternehmen unterstützen und fördern. McMaster achtet dabei auf das große Ganze und sieht seine Unternehmensphilosophie als globales Signal für mehr Abfallreduzierung auf unseren Planeten.
„Echte Lebensmittel schmecken besser“, zeigt sich der Küchenchef überzeugt. Das bestätigen auch die vielen Besucher und das positive Feedback der Gäste. „Vor 200 Jahren waren alle Restaurants abfallfrei“, sagt McMaster. „Ich bin überzeugt davon, dass die ursprüngliche Idee der lokalen, einfachen und nachhaltigen Essenskultur auch heute bestens funktioniert.“ So auch in London, wo Silo vor kurzem in ein historisches Lagerhaus der „Crate Brewery“ im Osten der Stadt eingezogen ist... „Mit und nicht gegen die Natur leben, darum geht es“, sagt Douglas McMaster. Und spricht damit die ressourcenausbeutende Entwicklung der Welt an. Seine lösungsorientierte Botschaft dabei ist ganz einfach und klar: „Gehen Sie hinaus, nutzen Sie Ihre Kreativität und engagieren Sie sich, dann können Sie jedes Problem lösen". Und gut Essen J Web-Tipp: https://silolondon.com Fotos: Silo Quellen: Utopia, Vimeo „A failure of the Imagination“ Text: Helmut Wolf |